Hannah in der Zeit der Tulpen

Autor*in
ISBN
978-3-941087-35-4
Übersetzer*in
Stuart, Nicola
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Ibatoulline, Bagram
Seitenanzahl
32
Verlag
Jacoby & Stuart
Gattung
BilderbuchSachliteratur
Ort
Berlin
Jahr
2009
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Wir haben hier eine Geschichte aus dem frühen 17. Jahrhundert in Holland. Es dreht sich einerseits um eine Spekulationsblase und den "Börsencrash" über die Tulpenzwiebel und andererseits das ausgesprochen liebevolle Verhältnis zwischen einem Vater und seiner Tochter, das darüber fast zerbrochen wäre. Rembrandt van Rijn darf auch mitmachen.

Beurteilungstext

Ein süßes Kind ist Hannah, eine kleine Erwachsene in entsprechender Kleidung, die man wohl um 1637 trug. Wir befinden uns in Holland, und der Handel mit Tulpenzwiebeln (gar nicht an der Börse, sondern interessanterweise in Wirtshäusern) treibt die Preise in nicht geglaubte Höhen. Zu einer Zeit, in der ein Handwerker vielleicht 250 Gulden im Jahr verdiente, wurde eine Tulpenzwiebel mit mehreren Tausend Gulden gehandelt, Häuser eingetauscht gegen drei von diesen Pflanzen. Die Börsen-"Blase" ist also gar nicht erst an einem Freitag in New York City geplatzt oder aber gerade eben durch so genannte "Leerverkäufe", sondern bereits im 17. Jahrhundert. In New York sprangen Menschen darob aus dem Fenster, heute lassen sich die Manager "Bonus"-Zahlungen geben, in Holland war man anschließend einfach arm.
Deborah Noyes beschreibt die Entwicklung aus der Sicht eines Mädchens, die eine innige Beziehung zu ihrem Vater hat, die Mutter und "das Gesinde" tritt nur nebenbei auf. Man ist reich. Der Vater nimmt sich (zunächst) Zeit, um die eingespielten Regularien mit seiner Tochter, die wohl gern Ärztin werden will, mizuspielen. Der Gute-Nacht-Kuss auf die Nasenspitze gehört auch dazu. Aber die Sorgen drücken den Vater immer mehr; wir nehmen es mit den Augen von Hannah war. Der Freund des Vaters muss kurzzeitig sogar seine Rolle übernehmen. Es handelt sich um Rembrandt van Rijn, der das Mädchen ermutigt, die Dinge GENAU anzuschauen, sie zum Malen anleitet, was sie kurz vor Ende des Buches auch macht. Eine schöne Geschichte, die zwar Altes erzählt, aber auch Neues meint und vermittelt. Liebe war damals und ist heute das wichtige Element, um von der Gier abzulenken auf das, was wirklich zählt.

Der in Russland geborene Bagram Ibatoulline, der inzwischen in den USA lebt, denkt sich hinein in die Welt des "Goldenen Zeitalters" in Holland, vor allem in die Sichtweise von Rembrandt, der ja auch in der Geschichte selbst mitspielt. Wann immer es möglich ist, verdunkelt er seine Bilder, um einer Lichtquelle die Chance zu geben, von unten heraus vor allem die Gesichter zu beleuchten. Er schafft Tiefe des Raumes, wie es seit 1500 versucht wurde: Türen, Durchblicke, schachbrettartiger Boden - und immer wieder das Licht von unten. Seine Bilder nehmen nicht nur den Stil des frühen 17. Jahrhunderts in Holland auf, er zitiert auch, ohne allerdings zu kopieren. Dazu zählen sowohl die Bilder als auch die sepiafarbenen Grafiken, die sich ebenfalls an Rembrandt anlehnen und die er auf den Textseiten paltziert.

Die Geschichte trägt ein schönes Verhältnis von Vater und Tochter sowie eine historische Wirklichkeit, die Bilder verführen zu ausgedehnter Recherche und Beschäftigung mit dem "Goldenen Zeitalter", sei es geschichtlich (Spanien? Holland?), sei es im Kunstbereich. Die Ausstattung des Bilderbuchs tut ein Übriges. Das Wort "liebevoll" fiel schon einmal.

"Semper Augustus" ist übrigens der Name einer Tulpe, die eigentlich wenig "stets erhaben" war, als vielmehr das Ergebnis einer Virus-Erkrankung (Mosaikvirus, von Blattläusen übertragen), die zu einem Sterben der Tulpenzwiebel in wenigen Generationen führte. Ein gutes Bild für die Vergänglichkeit für Rezensionen, Bücher, Leben.

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Diese Rezension wurde verfasst von uhb.
Veröffentlicht am 01.01.2010