Grimm und Möhrchen. Ein Zesel zieht ein

Schlagwörter

• Freundschaft
• Gefühle
• Komik/Humor

Teaser

Buchhändler Grimm wird jäh aus seinem beschaulichen, aber ziemlich eintönigem Leben gerissen. Aus ist es mit den geruhsamen Tagesabläufen. Jetzt kommt Leben in die Bude, bzw. in Herrn Grimms Buchhandlung und in sein Haus. Vor der Tür steht ein Zesel; von der Größe eher ein Zeselchen, das sich da als "Möhrchen" vorstellt und ein Quartier sucht.

Beurteilungstext

Der Titel "Grimm und Möhrchen" weckt Assoziationen an "Grimms Märchen". Das ist nicht Zufall, sondern volle - augenzwinkernde - Absicht! Hatten nicht auch die Brüder Grimm viel damit zu tun, Erzähltes aufzuschreiben, Sprache zu analysieren und Wörter zu sammeln? Zesel ist ein sogenanntes Kofferwort, eine Wortschöpfung aus Zebra und Esel. Und das Zeselchen kommt natürlich (samt Koffer) zu Herrn Grimm. Und "Möhrchen", wie sich Zesel nennt, erinnert frappierend an das Wort "Märchen" - womit schon im Titel lustige Sprachspielereien impliziert sind.
Ungefragt quartiert sich das Möhrchen mit seinem Köfferchen und viel Phantasie bei Buchhändler Grimm ein und schafft es binnen kurzer Zeit, Herrn Grimms geordnetes Leben richtig aufzumischen. Alltägliche Dinge und die stets gleichen Alltagserlebnisse werden mit Zesel zu etwas Besonderem. Grimm lässt sich gerne darauf ein.

Das Zeselchen pflegt einen kreativen Umgang mit Sprache, indem es - kleinen Kindern gleich - Wörter aus ihrer Bedeutung herauslöst, hinterfragt, überraschende Sprachentdeckungen vorstellt und phantasievolle Wortschöpfungen kreiert. Aus Zauberei und zauberhaft entstehen bei Möhrchen Sauberei und sauberhafte Saubersprachkunststücke von sprachlichen Entdeckungsreisen. Für Zesel gilt, dass Wörter sich phantasievoll verändern lassen und dass es sogar richtig passende, völlig neugeschaffene Wortgebilde gibt.

Es sind zwei sympathische Protagonisten, die Stephanie Schneider in ihrem Kinderbuch vorstellt: Da ist Buchhalter Grimm, zurückhaltend und leise, als Gegenpart dazu fungiert das quirlige Zeselchen. Wie andere Beispiele aus der Kinderliteratur findet sich hier ein ungleiches Paar; der zurückgezogen lebende Grimm, der sich am liebsten schriftlich in seinem "Dichtungsheft" mitteilt und auf der anderen Seite das lebhafte Möhrchen, das eine gehörige Portion Abwechslung in Grimms Leben bringt.

Die einzelnen Episoden erzählen, wie eine Freundschaft zwischen zwei völlig unterschiedlichen Charakteren entsteht, wobei jeder in seiner Individualität respektiert wird.

Stefanie Scharnberg zeichnet als Illustratorin für die liebevolle Ausgestaltung des Buches verantwortlich. Witzige Details lassen sich entdecken; Vignetten bei den Seitenzahlen geben einen kleinen Hinweis auf den Inhalt des neuen Kapitels, ab und zu taucht das immer gleiche Vogelpärchen auf. Ein geschicktes Arrangement bilden zwei Lesebändchen, die in schwarz und weiß gehalten sind, genau wie die Farben von Zesels kleinen Zeselbeinchen.

Die einzelnen Kapitel eignen sich vortrefflich als Vorleselektüre oder als "Betthupferl" einer Gutenachtgeschichte.