Greta

Autor*in
Zeevart, Sigrid
ISBN
978-3-86429-571-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Möltgen, Ulrike
Seitenanzahl
159
Verlag
Tulipan
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2023
Lesealter
12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüreKlassenlektüre
Preis
15,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Gretas Mutter hat eine ehemalige Freundin im Internet wieder gefunden und so können sie dort die letzte Ferienwoche verbringen. Irgendwo in einem Dorf in Norddeutschland mit Haus am See. Die ursprüngliche Idylle bekommt im Lauf ihres Besuchs Risse und Greta weiß nicht, wie die Woche enden soll.

Beurteilungstext

Sigrid Zeevaerts Roman "Greta" endet mit dem Satz "War das eine Reise!" Gretas Mutter meint das absolut positiv. Und der Leser/die Leserin könnte den Satz anfügen: "War das ein Roman!"
Er beginnt mit dem Problem, dass Gretas Mama zunächst keine Zeit für einen Urlaub mit ihrer Tochter Greta findet, dann aber eine ehemalige Freundin im Internet wieder entdeckt und Greta jetzt das Klettern mit ihren beiden Freundinnen absagen muss, da Mama mit ihr unbedingt zu ihrer Freundin Jella fahren will.
Die etwa elfjährige Greta ist zunächst unschlüssig, willigt aber dann ein und erlebt zunächst ein Paradies. Mamas Freundin wohnt mit ihren beiden dunkelhäutigen Kindern - sie stammen aus Kenia - am Ende eines Dorfes in Norddeutschland. Zu dem Haus gehören ein See mit Boot, drei Schafe, ein Hund und Katzen.
Greta erlebt schnell Risse in diesem Paradies: Der etwa gleichaltrige Jonah will Greta eigentlich nicht im Hause haben - erfährt sie von seiner jüngeren Schwester Jamila. Der Grund ist: Seine sog. Freunde lehnen Mädchen und Jonah wegen seiner Hautfarbe ab.
Dieser zunächst noch kindliche Rassismus wird aber durch das Verhalten der Erwachsenen bestärkt. So fallen im Supermarkt von Erwachsenen Worte wie: "Wir brauchen sie nicht .... viel zu lange hier ... dabei verpesten die hier die Luft". Damit sind Jella und ihre Kinder gemeint.
Ist es der dumme Dorfrassismus, den man aus vielen Dörfern Deutschlands kennt, der Greta und Jonah zusammenbringt, oder ist es einfach Sympathie? Greta und Jonah freunden sich an, ja, es wird eine erste Liebe daraus, die in einem scheuen Wangenkuss gipfelt.
Gretas Mutter hat sich von ihrem Mann getrennt und ihre Freundin hat sich in dem kenianischen Dorf mit ihrem Mann aus diesem Ort nicht mehr wohlgefühlt und ist mit ihren Kindern nach Deutschland zurückgekehrt. Unterschiedliche Hautfarben oder Herkunftsländer spielen für die drei Kinder keine Rolle. Im Gegenteil: Greta unterstützt Jonah gegen die Schikanen seiner falschen Freunde.
Sigrid Zeevaert hat einen stillen psychologischen Kinderroman geschrieben. Auf der Handlungsebene geschieht wenig, dafür erleben wir als Leser:in auf der Gefühlsebene einen wahren Sturm. Mit inneren Monologen und dem kindgerechten Durcheinander von Empfindungen wird die Handlung spannend und ereignisreich. Sie reicht von Enttäuschungen, die Greta und auch Jonah empfinden, bis hin zu einer ersten zarten Liebe, die erkennt, dass Liebe auch aktive Unterstützung verlangt. Der Kontakt Gretas mit ihren Freundinnen über das Smartphone ist mit einem Kummerkasten vergleichbar und und zugleich werden Diskriminierungen relativiert und deutlich abgelehnt.
Der nahe See, der Steg, das Boot, die Hauptstraße zum Dorfmittelpunkt und der Fußballplatz sind Symbole für die Grenze zwischen behüteter Kindheit und dem real existierenden dörflichen Rassismus. In diesen Szenarien gelingen den beiden Kindern die ersten Schritte hin zu einem vernünftigen Miteinander.
Dass sich Greta auf unkonventionelle Art von Jonahs falschen Freunden verabschiedet, könnte auch der Versuch sein, Veränderung in den Köpfen zu erreichen.
Ulrike Möltgen hat zu diesem weichen, zarten und doch kompromisslosen Kinderroman ebenfalls weiche Schwarz-Weiß-Zeichnungen gefunden, die teilweise unscharf oder verschwommen sind. Doch diese Unschärfe symbolisiert die Unschärfe, die Noch-Unsicherheit der beiden Protagonisten.
Beiden, Autorin und Illustratorin, ist ein wichtiger Roman gelungen, der sich gegen Rassismus wendet und zugleich positive interkulturelle Wege aufweist.
"War das ein Roman!"

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Diese Rezension wurde verfasst von Walter Mirbeth; Landesstelle: Bayern.
Veröffentlicht am 30.10.2023