Godland. Dein ewiges Leben hat einen Preis.

Autor*in
Schäuble, Martin
ISBN
978-3-7373-4311-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
333
Verlag
FISCHER KJB Sauerländer Duden
Gattung
Buch (gebunden)Dystopie
Ort
Frankfurt am Main
Jahr
2023
Lesealter
14-15 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüreKlassenlektüre
Preis
15,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Wer genug Geld hatte, konnte sich nach den Klimakriegen problemlos in das virtuelle "Godland" hochladen lassen. Das bedeutete, dass man in Freuden ein vergnügtes Leben für alle Ewigkeiten genießen kann. Und die anderen? Auch sie hatten eine Chance. Sie müssen nur viele Jahre schwer arbeiten, damit sie in den Genuss dieses "ewigen Lebens" kommen können. Doch dann passieren eine Reihe von Vorfällen, die die allwissende "Godmother" anscheinend nicht mehr kontrollieren kann. Und jetzt? Droht das Ende von "Godland"? Oder etwas ganz anderes?

Beurteilungstext

Für viele gilt der Autor Martin Schäuble als Meister der dystopischen Erzählungen. Für andere hingegen kann er spannende Bücher schreiben, die aber immer ihre Schwächen haben - und sei es nur, dass der Schluss der Erzählung zu kurz gerät und damit das Ganze nicht rund läuft.
Sein letztes Werk ist der philosophisch angehauchte Roman "Godland", in dem ein virtuelles Paradies für alle versprochen wird. Allerdings: Nur die Reichen konnten sich nach irgendwelchen Klimakriegen, die Land und Meere ziemlich verschmutzt und verödet haben, in dieses gepriesene "Godland" hochladen lassen. Ein Upload ihres Gehirns und schon waren sie im ewigen Paradies.
Die übrigen mussten jahrzehntelang auf sog. Serverinseln im Meer schwer arbeiten um die Technik für das Paradies am Leben zu erhalten.
Von diesen "Übrigen", den Armen, den Benachteiligten in jeder Gesellschaft, erzählt dieser Roman. Im Mittelpunkt steht die 15-jährige Yolanda. Zusammen mit ihrem Vater, zwei sehr guten Freunden und einigen anderen Menschen lebt sie auf einer solchen Serverinsel. Alle zehn Tage haben sie einen freien Tag. Die übrigen Tage müssen sie schwer arbeiten: die Station reinigen, Kollektoren putzen und neu ausrichten, Reperaturen unter schwierigsten Bedingungen durchführen ... und das alles unter der allgegenwärtigen Kontrolle von "Godmother", dem mächtigen Rechner an Bord, dem alle gehorchen. Werden Befehle nicht ausgeführt, drohen Strafen, wie z.B. längere Arbietszeiten bis sie ins "gelobte Land" enreisen dürfen. Normalerweise sind 20 Jahre Arbeit vorgesehen, dann haben alle ein Anrecht auf ihr Upload.
Doch dann tauchen Hinweise auf, die das ewige Recht von "Godmother" in Frage stellen. Immer wieder sind Yolanda und ihre beiden Freunde mitten im Geschehen. Die Geschichte hangelt sich von Hinweis zu Hinweis. Damit wird Spannung erzeugt. Die Bewohner werden vor aussichtslose Situationen gestellt, "Godmother" verspricht - um Zeit zu gewinnen - jedem einen Besuch in seinem "Godland". Diese Besuche werden filmisch wiedergegeben, so dass aufkeimende Zweifel an der Existenz von "Godland" abgewiesen werden können. Doch die Situationen verschärfen sich: Die Lebensmittel werden rationiert, es gibt nur noch trockenen Fisch oder einen sog. Laborbrei.
Und es gibt wieder einen tragischen Zwischenfall, den die drei lösen sollen.
Das ist der Beginn vom Ende von "Godmother".
Warum "Godmother" Yolanda so vertraut hat, geht aus der Handlung nicht ganz schlüssig hervor. Jedenfalls empfindet Yolanda für "Godmother" Muttergefühle - für diesen Rechner. Und es fällt ihr schwer, sich ihr zu widersetzen. Doch als sie zu einer furchtbaren Lüge gezwungen werden soll, wechselt Yolanda letztendlich die Seiten.
Martin Schäuble hat zweifelsfrei einen absolut spannenden Pageturner geschrieben. Der große Spannungsbogen wird geschickt mit Hilfe kleinerer spannender Handlungen, die eine Fortsetzung verlangen, nach vorne getrieben. Alles erscheint logisch, doch man fragt sich irgendwann: Wer hat den ersten Hinweis gegeben, dass hier etwas nicht stimmt? Auch die Ernährung ist fragwürdig, denn ohne Vitamine kann niemand lange überleben.
Nicht die Analogen, also die Menschen an Bord, können sich retten, sondern es muss Hilfe von außen eingreifen. Wie ein "deus ex machina" kommt die Rettung. Doch die Erklärung für den schmalen Schluss bleibt dürftig und lässt Fragen offen - vielleicht für eine Fortsetzung?
Trotzdem wirft Martin Schäuble mit seinem Roman ethische und auch religiöse Fragen auf, die z.B. in Schulklassen diskutiert werden müssen. Deshalb gibt es auch vom Autor eine Unterrichtshilfe zu seinen Themen im Buch. Steckt da eine Absicht dahinter?
Themen, die angeschnitten werden sind u.a.: Die Frage nach einem Weiterleben nach dem Tod. Haben die Religionen eine absolut sichere Lösung? Oder ist das auch nur Fake? Muss ich auf dieses Paradies hin mich entsprechend verhalten, so wie die Menschen im Roman? Wer gibt wem das Recht auf die Macht über die einzelnen Menschen? Kann die Technik uns aus den Händen gleiten, so dass sie übermächtig wird? Sind wir damit manipulierbar? Und ist das ein Gesellschaftssystem, von dem Martin Schäuble spricht, das immer nach Klimakriegen entsteht? Und was waren die Klimakriege?
Martin Schäuble hat eine Dystopie geschrieben, die sich an alle Spielregeln hält: Veränderung der Weltordnung nach Klimakatastrophen, Kriegen oder Revolutionen bedingen eine Spaltung der Gesellschaft, so wie er es beschrieben hat. Die Unterschicht muss nach den Gesetzen von Großkonzernen, Diktatoren oder anderen korrupten Personen leben, die eine fortschrittliche Technik scheinbar beherrscht. Und es gibt - in diesem Fall Yolanda - eine Person oder eine Gruppe, die alles in Frage stellt und diese dystopische Struktur zu Fall bringen kann. Wie es dann weitergehen kann, weiß allerdings niemand.
Eine spannende Dystopie hat der Autor verfasst, die am Ende schwächelt. Zu vieles wird verkürzt, so als ob die Seitenzahl begrenzt gewesen wäre. Man hätte sich eine bessere Tiefenausleuchtung der Personen gewünscht, damit man alle Beweggründe nachvollziehen kann. Das wäre sicher auf Kosten der spannenden Handlung geschehen, wenn man die Seitenzahl einhalten muss. Doch wichtige Nebenpersonen wären nicht zu flach geblieben. Auch der Retter, der "Godland" zu Fall bringen kann, eigentlich der ... ist zwar einleuchtend, aber doch aus der Kiste gegriffen. Und dass am Ende Yolanda doch noch ihre Mutter trifft, ist zwar wunderschön, aber auch hier fast ein bisschen kitschig.
Das Ende ist einfach zu schnell erzählt!
Damit wären wir wieder am Anfang: Martin Schäuble kann spannende Bücher schreiben, die es wert sind, gemeinsam gelesen und diskutiert zu werden, die aber ...

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Diese Rezension wurde verfasst von Walter Mirbeth; Landesstelle: Bayern.
Veröffentlicht am 24.05.2023