Gestatten, Gaston!

Autor*in
DiPucchio, Kelly
ISBN
978-3-570-18070-9
Übersetzer*in
Pöppel, Silke
Ori. Sprache
Amerikanisch
Illustrator*in
Robinson, Christian
Seitenanzahl
40
Verlag
cbj/cbt
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)
Ort
München
Jahr
2023
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
15,00 €
Bewertung
nicht empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Ein Bilderbuch über die Familienzusammenhalt (bei Hunden), das jedoch jegliche Stereotype bzgl. der Kategorie Geschlecht bedient.

Beurteilungstext

Dieses Bilderbuch ist wirklich schwer auszuhalten. Es strotzt vor Geschlechterklischees, die sogar noch künstlich verstärkt werden, und stellt eine Reihe von absolut unglaubwürdigen Ereignissen zusammen. Ich unterstelle den Autor*in-Illustrator*in-Duo einmal, dass ihr gut gemeintes Ansinnen ist, durch Übertreibung, Vereinfachung und Kontrastierung einer binären Ordnung die Geschichte "kindgerechter" zu gestalten, bin aber der Meinung, dass Kindern viel mehr zugetraut werden kann und muss, um solcherlei Darstellungen zu vermeiden.

Es geht um zwei Hundefamilien: Familie Pudel und Familie Bulldogge - zwei Hunderassen, die sicherlich unterschiedlicher nicht sein könnten. Frau Pudel hat drei Töchter und einen Sohn, allesamt hochwohlerzogen, brav, bezaubernd, bonbonrosa, die mit französischem Dialekt aufwarten, der auch ihren Namen zugrunde liegt: Fifi, Chouchou, Oh-Là-Là und Gaston. Wobei Gaston, eine Bulldogge, sichtlich Mühe hat, mit den braven Familienmitgliedern mitzuhalten. Wärhend alle ordentlich aus dem Schälchen trinken, kleckert Gaston, aber "Das wird schon.", alle bellen im Chor ein leises "Wau.", wärhend Gaston "WUFF!" kläfft etc. Als Leser*in ahnt man schon, dass Gaston nicht wirklich zur Familie gehören kann. Spätestens, als nach einigen Seiten Familie Bulldogge auftaucht, die mit ihren wilden Jungs Rocky, Ricky und Bruno sowie dem Pudelmädchen Antoinette (Dass diese ebenfalls einen feinen, französischen Namen bekommen hat, geht für mich nicht ganz auf.) im Park aufkreuzt, wird klar - und das auch den Müttern - hier muss eine Verwechslung stattgefunden haben. Die beiden Kinder dürfen entscheiden und sie tauschen die Familien. Auch der Rest ist vorhersehbar: Der wohlerzogene Gaston (trotz aller dargestellten Schwierigkeiten im Brav-sein) fühlt sich in der ruppigen Familie Bulldogge unwohl so wie Antoinette in der bezaubernden Familie Pudel - die Familien tauschen erleichtert zurück und die nun befreundetetn Familien bringen sich gegenseitig Übermut und Anmut bei. Am Ende gibt es einen Ausblick in die Zukunft, in der sich Gaston und Antoinette verliebt haben und nun ihren Mischlingen beibringen, selbst zu entscheiden, wie sie sein wollen.
Spätestens in diesem absolut unnatürlichen, kitschigen, didaktisierten Ende muss es selbst Kindern auffallen, dass diese Geschichte jenseits allem Vorstellbaren verläuft. Auch im Text, das kann jedoch auch an der Übersetzung liegen, finde ich einige unpassende Wendungen (z. B. liebt Frau Pudel ihre Welpen "heiß und innig", was ich eher mit einer Kategorie körperlicher Liebe assoziiere) und ein paar direkte Leser*innenansprachen, die zum restlichen Ton der Geschichte nicht gut passen ("Möchtest du sie noch einmal sehen?", fragt die Erzählstimme, obwohl die Hundekinder gerade schon groß abgedruckt und benannt wurden, doch ein "Nein!" zählt nicht, denn auf der nächsten Seite sieht man sie nun noch einmal im Zoom - hier kommt jedoch keine neue Information hinzu.
Das Buch zeigt sicherlich, dass mehr zu Familie dazugehört als Verwandtschaft und dass Verhaltensweisen teilweise angeboren und teilweise erlernt werden, durch Beobachtung, insbesondere im Sozialraum Familie und auch die malerischen illustrationen in zarten Pastellfarben sind ansprechend gestaltet - dennoch ist das Buch m. E. nicht zu empfehlen.

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Diese Rezension wurde verfasst von Nadine Naugk; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 04.11.2023