Freistaat Flaschenhals

Autor*in
Wiersch, Marco
ISBN
978-3-551-78150-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Kissel, Bernd
Seitenanzahl
208
Verlag
Carlsen
Gattung
Buch (gebunden)Comic
Ort
Hamburg
Jahr
2019
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
20,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Wer hat schon einmal von einem „Freistaat Flaschenhals“ gehört, einem autonomen Staat um das rheinland-pfälzische Städtchen Lorch? Der Comic erzählt – in zahlreichen humorvollen, aber auch tragischen Episoden eine Situation, die vor 100 Jahren zu diplomatischen Verwicklungen führte.

Beurteilungstext

Der Comic greift eine kuriose Episode aus der deutschen Geschichte auf: 1919 wollen die Franzosen das Rheinland besetzen und dabei auch die Brückenköpfe bei Koblenz und Mainz einbeziehen. Dabei passiert ein Vermessungsfehler, ein schmaler Streifen, zwischen einem und bis zu zehn Kilometer breit, bleibt zwischen den beiden Zonen übrig. Ein paar Ortschaften, vor allem das Städtchen Lorch, gehören damit weder zu Frankreich noch zum deutschen Reich. Der Bürgermeister von Lorch, Edmund Anton Pnischek ruft einfach einen Freistaat aus, führt eine eigene Währung ein und bis 1923 ernähren sich die Einwohner hauptsächlich durch Schmuggel, wobei sie immer wieder in Konflikt mit den französischen Soldaten kommen. Aus der Perspektive des Kriegsheimkehrers Albert werden historische Tatsachen – wie etwa die Entführung eines ganzen Kohlezuges oder die Aufrechterhaltung der Verkehrsverbindungen durch eine Postkutsche – aufgegriffen. Albert verliebt sich in die intellektuelle, feministische Luise, sein Freund Hans in die jüdische Rachel, die er aus Wiesbaden herausschmuggelt. Der Comic, gezeichnet von dem Zeichner Bernd Kissel (der mit Flix eine Münchhausenbearbeitung vorgelegt hat), geschrieben von dem Drehbuchautor Marco Wiersch ("Der Fall Barschel", "Tatort"), überfordert manchmal die jugendlichen Leser, die sich historisch nicht so ganz gut in dieser Zeit auskennen. Erklärungen der Historikerin Stephanie Zibell können da weiterhelfen, kommen aber als Nachwort etwas spät. Am Anfang fällt es auch schwer, die verschiedenen Figuren mit ihren Namen und Zuordnungen auseinanderzuhalten. Insgesamt ist die Graphic Novel aber eine unterhaltsame Möglichkeit, sich mit einem Sonderfall der Geschichte auseinanderzusetzen. Dabei ist das historische Setting gut recherchiert und die Eulenspiegelei verweist darauf, welche Absurditäten die große Politik zuweilen hervorbringt.

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Diese Rezension wurde verfasst von RPAK; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 06.02.2020