Finnisches Roulette

Autor*in
Soininvaara, Taavi
ISBN
978-3-378-00668-3
Übersetzer*in
Uhlmann, Peter
Ori. Sprache
Finnisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
363
Verlag
Gattung
Krimi
Ort
Berlin
Jahr
2005
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
19,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Erst ist ihm die Partnerin weggelaufen, an Mittsommer hat er zu tief ins Glas geschaut und dann wird ein deutscher Diplomat in Helsinki eiskalt ermordet - und dabei gefilmt. Natürlich bekommt Arto Ratamo diesen Fall übertragen und er wird auch noch von Killern bedroht. Aber was steckt dahinter?

Beurteilungstext

Erst ist ihm die Partnerin weggelaufen, an Mittsommer hat er zu tief ins Glas geschaut und dann wird ein deutscher Diplomat in Helsinki eiskalt ermordet - und dabei gefilmt. Natürlich bekommt Arto Ratamo diesen Fall übertragen und er wird auch noch von Killern bedroht. Aber was steckt dahinter?
Wie in allen nordischen Kriminalromanen steht der Kommissar nicht als der glänzende Held da, sondern ist eingebunden ist ein gesellschaftliches, privates Leben mit all seinen Problemen, wie jeder andere auch. Vielfach sind es Typen, die in irgendeiner Weise versagt haben; so auch Arto Ratamo, alleinerziehender Vater, mit einer gescheiterten weiteren Beziehung und Problemen mit dem Chef. Aber wenn er etwas hat, dann ist das ein untrüglicher Spürsinn, wenn irgendwo etwas nicht stimmt.
Taavi Soininvaara erzählt eine atemberaubend spannende Geschichte, die mit einigen (wenigen !) brutalen, blutigen Szenen nicht direkt für Jugendliche geeignet erscheinen, doch man darf die jugendlichen Leser auch nicht unterschätzen: Mit dem, was sie zum Teil in Filmen und Computerspielen an Gewalt angeboten bekommen, kann sich der Roman nicht messen. An keiner Stelle erscheinen diese Szenen um der Gewalt willen geschrieben, sie sind einfach Teil der Welt, die Soininvaara hier erschreckend lebendig werden lässt.
Wenn ich diesen Roman dennoch für Jugendliche empfehle, so liegt das an der Thematik, die sich dem Leser langsam und beklemmend und alptraumerregend erschließt - mit einem Thema, vor dem niemand mehr die Augen verschließen darf.
Das Verbrechen an dem Diplomaten entpuppt sich als ein Plan von Pharmaunternehmen, hinter dem auch verschiedene politische Organisationen stecken. Und es geht um Genforschung - so viel ist bald klar. Im Laufe des Geschehens aber wird die Tragweite der Erfindungen deutlich, und dem Leser bleibt am Ende nicht mal die Hoffnung, es könne sich um eine Utopie handeln.
Das Pharmaunternehmen hat einen Virus geschaffen, hinter dem alle her sind: ein Virus, der sich nur aktiviert, wenn er auf ein Gen trifft, das nur von bestimmten "Rassen" oder Volksgruppen getragen wird - ein Virus als eine ethnisch-biologische vollkommene, übermächtige Waffe, ein perfektes Instrument der Vernichtung; ein Virus, das Rassen erkennt, zum Völkermord.
Der Roman diskutiert in den einzelnen Leuten, den Kommissaren, den Killern, den Forschern, den unschuldig Hineingeratenen, viele Fragen der Gentechnologie, die Beeinflussung etwa von Charaktereigenschaften des ungeborenen Kindes, die "Veredlung" der Menschheit durch Selektion, Verbrechen, Gesetz. Aber auch die Triumphe der Wissenschaft und ihre Erfolge bei Krankheiten wie Aids, Alzheimer und anderen.
Ein Roman, der unter die Haut geht und der ein Problembewusstsein schafft, das viele Fragen auslösen wird und dem Leser eine eigene Stellungnahme abzwingt. Eine ideale Diskussionsgrundlage im Ethikunterricht der Oberstufe!

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Diese Rezension wurde verfasst von avn.
Veröffentlicht am 01.01.2010