Eine Weihnachtsgeschichte. Nach der Erzählung von Charles Dickens

Autor*in
Munuera, José-Luis
ISBN
978-3-551-77128-5
Übersetzer*in
Hübner, Lea
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
80
Verlag
Carlsen
Gattung
Comic
Ort
Hamburg
Jahr
2023
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiKlassenlektüre
Preis
24,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Eine gelungene Modernisierung der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens.

Beurteilungstext

José-Luis Munuera unternimmt ein schwieriges Unterfangen – ein reizvolles, aber ein schwieriges: Dickens Weihnachtsgeschichte schreibt er in seiner Graphic-Novel „Eine Weihnachtsgeschichte“ neu. Weniger neu ist dabei die Handlung als die Figur des Scrooge, der hier eine Frau ist. Das Vorwort von Domenique Barbéris, einer französischen Literaturwissenschaftlerin und Autorin, nimmt den Gewinn dieses Genderwechsels vorweg: Frauen in die Geschichte und deren Geschichten einzubringen, bedeutet nicht, dass das Böse aus der Welt fällt. Elisabeth Scrooge ist ebenso berechnend und kapitalistisch kalkulierend wie Ebeneezer. Aber sie wird die moralische Ansprache an das Individuum für dessen Verantwortung in der Gesellschaft zurückweisen. Ganz in Brechtscher Manier klagt hier eine Protagonistin ihren Gott und die Gesellschaft an, die Bedingungen der kapitalistischen Wolfswelt zu manifestieren. Das Buch eignet sich dadurch besonders für ältere Jugendliche (die Illustrationen tragen ihren Anteil daran). Sie können im Abgleich mit Dickens Erzählung jene moralisierenden Schwachpunkte bei Dickens ausmachen und über die Bedeutung von Figuren für den Verlauf der Erzählung nachdenken. Denn diese Veränderung ist eindeutig gelungen, die Figur der Elisabeth Srooge ist variantenreicher und tiefgreifender als ihr literaturhistorisches Archebild.
Bedeutsam sind auch die Illustrationen, welche durch ihre Blautöne des Hintergrunds und die gedeckten Farben der Figuren und Gebäude eine sehr starke Atmosphäre des London Mitte des 19. Jahrhunderts schaffen. Diese unheimliche Stimmung ist besonders für die Darstellung der Geister hervorragend geeignet. Helligkeit und Dunkelheit initiieren gruselige oder wohlige Szenen und die klaren Linien, welche die Gesichter der Figuren darstellen, betonen die intensive Auseinandersetzung mit den Gefühlen der Figuren.
Die Modernisierung der Erzählung Dickens schafft es, in einen Dialog mit der Ausgangsgeschichte zu treten und ihre Bedeutung in der Gegenwart zu diskutieren.

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Diese Rezension wurde verfasst von Astrid Henning-Mohr; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 15.01.2024