Ein ziemlich unsichtbarer Freund

Autor*in
Colfer, Eoin
ISBN
978-3-423-76373-8
Übersetzer*in
Baltscheit, Martin
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Jeffers, Oliver
Seitenanzahl
48
Verlag
dtv
Gattung
BilderbuchFantastik
Ort
München
Jahr
2022
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiKlassenlektüreVorlesen
Preis
15,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Unsichtbare Freund*innen, das sind Helfende, Unterstützende, Gebende auf Zeit. Was aber, wenn nun auch ein unsichtbarer Freund sich eine langfristige Freundschaft wünscht?

Beurteilungstext

Fred ist ein unsichtbarer Freund. Er „fliegt wie eine Feder im Wind, hoch über den Wolken, bis er gerufen wird“. Unsichtbare Freunde sind Freunde auf Zeit. Aber Fred sehnt sich nach einem Freund für immer. Und als Sam sich einen unsichtbaren Freund wünscht – und auch braucht –, erkennt Fred, dass das der Junge seiner Träume ist.
Fred leistet Sam Gesellschaft, Sam ist durch Fred hoch motiviert, sich auf Neues einzulassen, und sie gründen sogar eine Schauspieltruppe: „Das dramatische Duo“. Sams Leben wird bunter und aufregender. Doch irgendwann spürt Fred, dass er nun als unsichtbarer Freund überflüssig wird, er fängt an zu verblassen, denn Sam hat eine neue Freundin.
Fred weiß, was jetzt passieren wird, und klärt Sam auf: „In ein oder zwei Tagen werde ich mich auflösen. Es ist nicht deine Schuld, aber jetzt, wo du eine echte Freundin hast, brauchst du mich nicht mehr.“ Doch Sam sucht nach einer Lösung. Er bringt seine Freundin Sammi mit – und tatsächlich: Auch Sammi kann Fred sehen. Und sie bringt ihrerseits noch ihre unsichtbare Freundin Frieda mit. So finden sich die zwei, Fred und Frieda, als unsichtbare Freund*innen für immer.
Das metafiktionale Spiel um einen unsichtbaren Freund beginnt in diesem Buch auf dem Cover mit einem ungewöhnlichen Untertitelformat, eher einem Buchmotto: „Nur weil man einen Freund nicht sehen kann, heißt das nicht, dass er nicht ECHT ist.“ Damit wird dem Buch eine Lesart „verschrieben“, die geradezu philosophisch darüber nachdenken lässt, was man sehen oder nicht sehen kann und ob nur das echt ist, was man sehen kann.
Bemerkenswert ist, dass sich die Fokalisierung auf das Innenleben keiner realen Person, sondern das des imaginären Freundes richtet. Damit wird der Objektcharakter, der imaginären Freund*innen zugeschrieben wird, unterlaufen: Fred wird zum Subjekt der Geschichte. Trotzdem erfüllt er als imaginärer Freund klassische Funktionen: Er leistet Sam Gesellschaft, motiviert Sam dazu, Neues auszuprobieren, steigert dessen Selbstwertgefühl und verbessert vor allem seine Lebensqualität. Colfer spielt metafiktional mit dem Motiv des unsichtbaren Freundes, macht aufmerksam auf die Konstruiertheit des Erzählten und die Funktionalisierung einer typischen Kinderbuchfigur. Im Sinne der Aspekte literarischen Lernens von Kaspar H. Spinner steckt darin ein hohes Potenzial, um Fiktionalität aufmerksam wahrzunehmen.
Auf bildlicher Ebene schafft Jeffers eine klare Trennung zwischen realen und unsichtbaren Figuren. Die reale Welt und ihre Figuren werden in unkolorierten Zeichnungen dargestellt, meist mit Beschränkung auf wesentliche Bildinhalte. Die unsichtbaren Freund*innen hingegen sind in einem farbigen Punkteraster gehalten: Fred in Hellblau, Frieda in Gelb. Herausgestellt wird dadurch zum einen die Fokalisierung auf die Sicht der imaginären Freund*innen – aber gerade auch durch die Punktrasterung die Durchsichtigkeit und körperliche Unwirklichkeit der imaginären Figuren.
Text und Bild schaffen ein äußerst überzeugendes Bilderbuch, das ein hohes didaktisches Potenzial hat.

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Diese Rezension wurde verfasst von Christoph Jantzen; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 15.01.2024