Ein Ort wie dieser

Autor*in
Murail, Marie- Aude
ISBN
978-3-596-85627-5
Übersetzer*in
Scheffel, Tobias
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
411
Verlag
Gattung
Ort
Frankfurt
Jahr
2014
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
16,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Ein Roman über Korruption in der Stadtverwaltung, Jugendliche, die die Welt retten wollen, über geldgierige Chefs, eine von der Schließung wegen Schülerschwund bedrohte Schule, eine Asylantenfamilie in verzweifelter Lage, und eine zart keimende Liebe: Mitteindrin steht die schüchterne Lehrerin Cecile, die das erste Mal eine eigene Klasse hat.

Beurteilungstext

Die französische Autorin Marie-Aude Murail hat für ihren Jugendroman ""Simpel"" den deutschen Jugendliteraturpreis erhalten.
Ihr neues Werk lässt sich thematisch schwer eingrenzen, da Murail sehr viel in ihren Roman packt. Die Autorin schafft jedoch, dass man von den über 400 Seiten nicht erschlagen wird, sondern eine Seite nach der anderen verschlingt, dass ein interessanter Spannungsbogen in vielfältiger Weise entsteht.
Schon nach den ersten Seiten dieses Romans verfällt man dem wunderschönen Erzählstil und kann das Buch kaum beiseite legen. Nicht zuletzt liegt die Ursache dafür in der authentisch erscheinenden Personenbeschreibung. Die Hauptcharaktere sind nicht perfekt, sondern Menschen wie du und ich mit ihren Stärken und Schwächen. Menschen, die ihre kleinen und größeren Sorgen und Laster zu bekämpfen haben, die sich ihren Ängsten im Alltag stellen müssen.
Im Mittelpunkt steht Cecile, die junge schüchterne Berufseinsteiger-Lehrerin, die an ihren Aufgaben fast zerbricht, aber dann Stärke und Mut entwickelt. Schüchtern und zurückhaltend wie sie ist, soll sie nun autoritär als Klassenlehrerin von achtzehn Erstklässlern auftreten. Was sich in der Theorie so einfach anhört, ist in der Praxis doch mit großen Überwindungen verbunden. So ist das im Leben - man muss sich immer wieder den Herausforderungen stellen. Denn gerade an diesen wächst man auch.
Neben den Problemen der Berufseinsteigerin Cecile werden Werte wie Solidarität, Freundschaft und Zusammenhalt gekonnt vermitteln. Gleichzeitig macht sie aufmerksam auf unser Konsumverhalten, sie stellt den Kapitalismus an den Pranger und appelliert beispielhaft gegen den Rassismus.
Die Einwanderer-Familie Baoulé mit ihren vielen liebenswert-chaotischen Kindern mit den ausgefallen klingenden Namen wie Donatienne, Prudence oder Toussaint schließt man als Leserin sofort ins Herz. Aber ein Burger-Restaurant-Besitzer will die Familie Baoulé aus dem Land ausweisen lassen, um eine Schließung der Schule zu erreichen und an dem Standort ein weiteres Restaurant zu öffnen.
Eloi arbeitet im Burgerladen, um im Verborgenen die Welt zu retten. Er hat sich von seiner Familie und deren Reichtum losgesagt. Cecile schwärmt für Eloi und lernt ihn im Laufe der Geschichte besser kennen. Mittendrin steckt noch Ceciles Bruder Gil, 15, der zwischen Konsumwelt und Nachahmen cooler Taten hin und hergerissen ist. Er nimmt alles auf und hilft mit seinen hingeworfenen Bemerkungen den anderen, Zusammenhänge im bösen Spiel des Burgerladen-Besitzers zu erkennen.
Ein auktorialer Erzähler fächert das Geschehen chronologisch auf. Er führt den Leser von Szene zu Szene, lässt ihn böse, witzige und absurde Dialoge belauschen und kommentiert liebevoll staunend, aber ohne zu bewerten, die Handlungen der Mitspieler. Der Leser kann sich sein Urteil selbst bilden.
Das Buch nimmt durch seinen Inhalt, aber auch durch den Sprachstil den Leser gefangen und ist damit gleichzeitig für Jugendliche wie auch Erwachsene geeignet. Gerade als Berufsanfänger oder als Lehrer fragt man sich nach diesem Buch, welche Rolle man selbst in dieser Geschichte spielen würde.
Dieses großartige Buch ist ein Aufruf zu mehr Solidarität, ein beeindruckender Appell gegen Egoismus, Rassismus und Kapitalismus und einfach ein riesiges Lesevergnügen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von CaZo.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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