Ein Mädchen, sieben Pfannkuchen und ein roter Koffer

Autor*in
Boonen, Stefan
ISBN
978-3-7336-0120-1
Übersetzer*in
Kluitmann, Andrea
Ori. Sprache
Holländisch/Niederlä
Illustrator*in
Schoonooghe, Tom
Seitenanzahl
Verlag
Gattung
Ort
Frankfurt am Main
Jahr
2015
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
12,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Ein Mädchen wird an den Strand eines Dorfes angespült, seinen Namen hat es vergessen und zurück zu seiner grausamen Tante will es nicht. Es wagt sich in den finsteren Teil des Waldes und beweist in den entscheidenden Momenten Entschlusskraft und Mut.

Beurteilungstext

Wie weit reicht die Selbstbestimmung eines Kindes? Wie viel Fürsorge braucht ein Kind? Wie viel zählt die Stimme eines Einzelnen? Was ist wichtiger: Wohlstand und Profit oder Tier- und Naturschutz? Wie werden demokratische Entscheidungen getroffen? Wie wichtig sind gute Kekse?
Das sind nur einige der Fragen, die Stefan Boonen durchdacht, deren Essenzen er extrahiert und in diese unbeschwerte, zeitlos schöne Geschichte komponiert hat, die irgendwann in der mittleren Kindheit im Dorf Wammerswald spielt. Nachdem er die wichtigsten Bewohner des beschaulichen und gut geordneten Wammerswald mit ihren auffälligsten Eigenschaften vorgestellt hat, ermöglicht er dem Leser einen unumwundenen Einstieg in den Mikrokosmos, der sich wie auf einer Bühne ereignisreich und mit emotionaler Tiefe entfaltet. Die Sprache ist eigenwillig, direkt, keine langen, geschachtelten komplizierten Sätze. Kurz und präzise, zum Teil nahe an der gesprochenen Sprache, die manchmal ein Subjekt im Satz auslässt oder ohne Prädikat auskommt, jedoch in keinem Moment flüchtig oder oberflächlich ist. Das Ganze ist dabei flüssig und rund, sehr gut zu lesen, geeignet auch zum Vorlesen (könnte aber Deutschlehrer in die Bredouille bringen, wenn sie gerade geklärt haben, aus welchen Satzgliedern vollständige Sätze bestehen). Trotz der Knappheit atmet das Buch Poesie, ist angefüllt mit feinen, sinnlichen Beobachtungen, besonders wenn es um die Wahrnehmung von Gefühlen und Stimmungen geht.
Boonen hat in Wammerswald Charaktere platziert, die wie Zitate großer Kinderbuchklassiker erscheinen, aber dennoch ihre eigene, zeitgemäße Note haben: den Bürgermeister, der der kleinste des Landes ist, den Arzt, der in seiner Freizeit Gespenster jagt, den Bäcker, der elf Söhne hat und die legendären Wammerswalder Kekse backt, die Försterin, die sich nur mit ihrer Flinte in den finsteren Teil des Waldes traut, den Polizisten mit Sprachfehler:"Söckerdischnötter!" und natürlich Findling, das Mädchen, das angespült wurde. Er bedient dabei keine Klischees, sondern zeigt seinen Sinn für die Eigenheit des Individuums auf. Im Grunde ist das Buch auch eine kleine Ode an die Resilienz: Trotz der unwürdigen und grausamen Umstände, unter denen das Mädchen Findling bei seiner Tante leben musste, ist es stark, mutig, lebensfroh, eigenwillig und freundlich und schafft es, ein ganzes Dorf für sich zu begeistern. Die Illustrationen von Tom Schoonooghe greifen das Reduzierte, Knappe der Sprache auf: Die Zeichnungen sind schwarz und weiß, kombiniert mit jeweils einer kräftigen Farbe, meist für den flächigen Hintergrund. Die Figuren sind hager, eckig, witzig, erreichen aber nicht die Tiefe und Eigenheit von Boonens Sprachmelodie. Sie begleiten den Text auf zum Teil amüsante Weise, spiegeln jedoch nicht seinen Nuancenreichtum, ergänzen ihn nur schwach auf der bildlichen Ebene.
Der schlichte Titel der flämischen Originalausgabe, die wörtlich übersetzt "der Findling von Wammerswald" heißen würde, ist passender als der wohlklingende, aber aufgeplusterte deutsche Titel. Es kommt zwar ein roter Koffer vor und das Mädchen Findling verputzt auf einmal sieben Pfannkuchen, aber diese beiden Aspekte sind nicht von so tragender Bedeutung, als dass sie in den Titel müssten. Ansonsten ist das Buch wärmstens zu empfehlen.

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Veröffentlicht am 28.09.2015

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