Ein Jahr auf Zehenspitzen

Autor*in
Lund, Anne
ISBN
978-3-96733-384-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
160
Verlag
Wreaders Verlag
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
Sassenberg
Jahr
2022
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Freizeitlektüre
Preis
12,50 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Das Abitur ist geschafft! Eigentlich sollte Paula sich glücklich und frei fühlen. Doch stattdessen spürt sie vor allem Angst. Eine Angst, die sie durch die Kontrolle über ihr Essverhalten versucht zu bewältigen. Ein gefährlicher Weg, der nicht nur Einsamkeit und Depression mit sich bringt, sondern sogar lebensbedrohlich wird. In einer Klinik beginnt sie, sich in ihr Leben zurückzukämpfen.

Beurteilungstext

„Es gibt Leute, die leben nebenbei, ganz selbstverständlich, ganz unangestrengt, ohne darüber nachzudenken. Und es gibt mich. Für mich ist „leben“ eine riesige Herausforderung, in der nichts auch nur ansatzweise Selbstverständlichkeit besitzt. Ich bin eine Lebenslegasthenikerin.“ So fühlt sich die 19-jährige Paula. Dabei hat sie das Abitur in der Tasche und schon konkrete Pläne für die Zeit, die vor ihr liegt. Sie hat vor, ein Praktikum in einer Einrichtung für behinderte Kinder zu machen. Dafür muss sie das behütete Zuhause ihrer Kindheit verlassen und in eine Großstadt ziehen.

Sie will die an sie gestellten Erwartungen erfüllen und etwas Sinnvolles leisten, Verantwortung übernehmen. Dabei schafft Paula es nicht mal, für sich selbst zu sorgen. Die Stimme in ihrem Inneren, die nach Kontrolle verlangt, ist viel lauter als der Körper, der nach Nahrung verlangt. Als sie schließlich körperlich zusammenbricht, wird von Ärzten die Diagnose gestellt: Anorexie und Depression. Nach wochenlangem Warten bekommt Paula einen Platz in einer Klinik. Dort beginnt sie einen kräftezehrenden Kampf mit vielen Aufs und Abs gegen die Krankheit, denn allmählich erkennt sie: „Leben ist nicht einfach. Aber zum Aufgeben viel zu schön.“

„Für alle, die das Gefühl haben, ihr Leben ist gerade ein wellenschlagendes Meer, in dem man jeden Tag kämpfen muss, um nicht unterzugehen, während andere im seichten Wasser ganz unangestrengt flussabwärts treiben. Und für alle, die verstehen wollen, wie es sich in den Wellen anfühlt. - Mit diesem Vorwort umschreibt die junge Autorin die Intention ihres Debütromans. Und das gelingt ihr auf großartige Weise. Durch die gewählte Ich-Perspektive befindet man sich unmittelbar in Paulas Gefühls- und Gedankenwelt. Der Kampf der Essstörung gegen den Körper und die damit verbundenen Folgen werden eindrücklich geschildert und die wachsende Verzweiflung ist förmlich greifbar. Es macht traurig zu lesen, wie es immer einsamer um Paula wird und wie rat- und machtlos ihr liebevolles Umfeld gegen diese Krankheit ist. Gleichzeitig wird deutlich, wie wichtig Freunde und Familie sind, die trotzdem bleiben, lieben, aushalten, versuchen zu verstehen und unterstützen.

Das Buch gibt keine Antworten auf die Frage nach den Ursachen, aber es ermöglicht, ehrliche und eindringliche Einblicke in eine Krankheit, die eine zunehmende Zahl von Menschen betrifft, meist Mädchen und junge Frauen, und die sogar tödlich enden kann. Und es macht Hoffnung. Denn Paula kämpft sich zurück in ihr Leben. In der Klinik wird nicht nur ihrem Körper geholfen, sondern es gelingt ihr, in vielen kleinen Schritten sich ihren Ängsten zu stellen und das Leben wieder zu bejahen. - Ein bewegender und sprachlich überzeugender Roman, der tiefe Einblicke in eine psychische Krankheit ermöglicht.

Anmerkung

Dem Buch wird eine Triggerwarnung vorangestellt, die auf mögliche Gefahren beim Lesen für Menschen hinweist, die ebenfalls von Essstörungen und/oder Depressionen betroffen sind.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von stoe; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 22.02.2023