Ein Fest für alle

Autor*in
Harel, Maike
ISBN
978-3-219-11993-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Bednarski, Laura
Seitenanzahl
30
Verlag
Annette Betz
Gattung
Bilderbuch
Ort
Berlin
Jahr
2023
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Vorlesen
Preis
16,00 €
Bewertung
nicht empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

„Ein Fest für alle“ ist ein Bilderbuch, dessen Titel eine wundervolle Botschaft vermuten lässt, diese aber nicht beinhaltet. Die Illustrationen lassen zwar eine wohlige Atmosphäre aufkommen, die Charaktere und die Handlung sind jedoch unpassend und unreflektiert und lassen die Lesenden mit vielen Fragen zurück. Ein Bilderbuch, das nicht aufklärt und sensibilisiert, sondern Aufklärung und Sensibilisierung dringend notwendig macht!

Beurteilungstext

Das Buchcover zeigt die zwei Protagonisten des Bilderbuches vor einem Mehrfamilienhaus mit einer großen geöffneten Tür. Es schneit und ist dunkel draußen. Der Schmuck und die vielen Lichter in den Fenstern sehen festlich aus. Bei genauem Betrachten fällt auf, dass der Schmuck in den Fenstern auf verschiedene Feste hinweist: Weihnachten, Hanukkah, das chinesische Neujahrsfest. Damit wird das Cover illustratorisch dem Titel „Ein Fest für alle“ gerecht.

Zu Beginn des Buches stellen Sami und Lia fest, dass die Straßen leer sind, weil alle Weihnachten feiern. Sie selbst berichten, dass sie heute nicht feiern, weil sie andere Feste feiern. Sie versuchen sich Ihre Langeweile zu vertreiben, indem sie Ball spielen. Dabei landet der Ball allerdings im Garten eines älteren Grießgram in der Nachbarschaft. Weil die Tür aufsteht, der Grießgram, ihr Klopfen und Klingeln nicht hört, gehen die beiden einfach in sein Haus. Der grießgrämige Nachbar ist zunächst nicht begeistert von seinem Besuch, teilt letztendlich aber trotzdem seinen frisch gekochten Brei mit ihnen und spielt mit ihnen Zinngießen. Während ihres Besuchs gerät Lia immer wieder in einen Streit mit dem alten Herrn Holzspan. Bei der ganzen Streiterei bekommen die Kinder und der ältere Herr gar nicht mit, dass es draußen begonnen hat, zu schneien. Erst nach einer Weile stellen sie voller Begeisterung fest, dass aus „Freinachten“, wie der Feiermuffelige alte Mann den Weihnachtsfeiertag nennt, „Schneinachten“ geworden ist und begeben sich nach draußen. Dort trommelt Lia die gesamte Nachbarschaft zusammen, sodass letztendlich alle zusammenkommen und gemeinsam den Schnee feiern. Zum Schluss heißt es, dass so ein neues Fest für die gesamte Nachbarschaft entstanden ist, nämlich das Fest des ersten Schnees.

Ganz am Ende des Buches findet sich noch eine Doppelseite mit Hinweisen zu den Festen, die in Lias und Samis diverser Nachbarschaft gefeiert werden: Hanukkah, Weihnachten, Nouruz, das Frühlingsfest, Id al-Fitr und Diwali.

Die Illustrationen des Bilderbuches sind sehr ansprechend und unterstützen das Verstehen der Handlung gelungen. Die Blautöne, die für die kalte und dunkle Winterzeit stehen werden auf fast allen Seiten mit leuchtenden Gelbtönen, die für eine warme und festliche Atmosphäre stehen, kombiniert. Dabei entstehen beim Lesenden direkt diese Gefühle, die man in der Winter- und Weihnachtszeit verspürt.

Während die Illustrationen wirklich gelungen sind, lässt die Handlung und die Charakterzeichnung den Lesenden irritiert zurück. Der Titel und das Ende lassen vermuten, dass die Autorin verdeutlichen wollte, dass in unserer diversen Gesellschaft ein Fest geschaffen werden sollte, das die Gesellschaft, hier die Nachbarschaft, zusammenbringt. Ein Fest, das niemanden ausschließt, das vielleicht auch Religionen außer Acht lässt und selbst Menschen, die an der Gesellschaft eigentlich nicht teilnehmen, erreicht.

Die Handlung und die Charaktere sind in em Fall aber nicht entsprechend herausgearbeitet worden. Der Lesende erfährt nicht, wer Lia und Sami eigentlich sind. Wir wissen nur, dass sie andere Feste feiern und an diesem Abend auf sich allein gestellt sind, da ihre Eltern arbeiten sind.

In Bezug auf die Handlung wird nicht deutlich, warum sie so viel Zeit bei einem fremden alten Mann verbringen, den sie nicht kennen. Inwiefern hat diese Zusammenkunft mit dem Fest für alle zu tun?

Auch, dass sie einfach sein Haus betreten, ist irritierend und erscheint gefährlich. Handlungen und Charaktere stellen für junge Lesende oft auch Vorbilder dar. Warum also wird den Lesenden hier vermittelt, dass es richtig ist, das Haus eines fremden alten und schlecht gelaunten Mann zu betreten? Der Mann könnte gefährlich sein, er könnt ihnen etwas antun. Da die Tür offen steht und der alte Nachbar auf das Klingeln und Klopfen nicht reagiert, könnte es auch sein, dass ein Einbruch stattgefunden hat. Die Handlungsweise der Kinder lässt den Lesenden also mit vielen Fragen im Kopf zurück.

Aber auch die Handlung des alten Mann ist kaum nachzuvollziehen. Wieso lässt er seine Tür einfach offenstehen? Wieso lässt er die unbekannten Kinder herein, teilt mit ihnen seinen Brei, spielt mit ihnen Zinngießen und gerät als immer wieder in einen Streit mit ihnen? Warum ändert der Schneefall seine grießgrämige Art?

Wieso entsteht ein dauerhaftes Nachbarschaftsfest nur weil Lia draußen schreit, dass „Schneinachten“ sei.

Die gesamte Handlung erscheint seltsam und unlogisch. Insgesamt also ein Bilderbuch, dass zwar toll illustriert ist und theoretisch eine tolle Botschaft vermitteln könnte, es aber leider nicht tut. Stattdessen lässt es die Lesenden mit vielen Fragen zurück und zwingt erwachsende Lesende ihre Kinder bezüglich des Verhaltens gegenüber Fremden zu sensibilisieren.

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Diese Rezension wurde verfasst von 175; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 10.12.2023