Dunkles Gold

Autor*in
ISBN
978-3-407-81238-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
336
Verlag
Beltz & Gelberg
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Weinheim
Jahr
2019
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
17,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Der letzte Roman von Mirjam Pressler greift ihr großes Lebensthema auf und führt es einfühlsam fort: Das Zusammenleben von jüdischen und nicht-jüdischen Menschen in Deutschland. Pressler verknüpft dabei das Leben zweier junger Mädchen – das von Laura aus dem heutigen Erfurt und das von Rachel, die im 14. Jahrhundert in dieser Stadt lebte. Pressler gelingt es damit, die Gründe für die vielen "Fettnäppchen" aufzuzeigen, die das Zusammenleben heute immer noch so schwer machen.

Beurteilungstext

Die im Januar 2019 verstorbene Mirjam Pressler war eine der wichtigsten Schriftstellerinnen für deutsche Kinder- und Jugendliteratur in den letzten Jahrzehnten und sie war immer jemand, der sich für den Austausch zwischen Kulturen eingesetzt hat – nicht zuletzt durch ihre intensive Übersetzungstätigkeit. Auch dieses Buch handelt vom Austausch zwischen Kulturen: Da geht es um das Gespräch zwischen verschiedenen Generationen, zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Menschen, zwischen Menschen des Mittelalters und der Neuzeit, zwischen Jungen und Mädchen. Ausgangspunkt für den Roman ist der "Erfurter Schatz", der 1998 in einem mittelalterlichen Kellergewölbe gefunden wurde: Es handelt sich wohl um einen Schatz, den der jüdische Geldverleiher Kalman von Wiehe im Zuge der Pestpogrome 1349 versteckt hatte. Lauras Mutter arbeitet als Kunsthistorikerin zu diesem Schatz und Laura beginnt, eine Graphic Novel zu zeichnen, für die sie sich vorstellt, wie das Leben eines gleichaltrigen Mädchens, Rachel und ihres Bruders Joshua verlaufen sein könnte. In diesem Zusammenhang nähert sie sich Alexej, dessen Eltern im Zuge der Kontingent-Juden aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland gekommen waren. Sie entdeckt, wie schwierig es ist, dass ihr nicht ständig unbedacht verletzende Äußerungen seiner Familie gegenüber unterlaufen und erkennt, welche Auswirkungen die Geschichte des Judentums für heute in Deutschland lebende Juden immer noch hat.
Presslers Jugendroman kann man aus mehreren Gründen als Vermächtnis lesen:
- Sie widmet sich hier (ähnlich wie in "Nathan und seine Kinder" oder "Shylocks Tochter") einer Phase der Judenverfolgung vor der Shoa und macht damit deutlich, dass Antisemitismus eine lange Tradition hat und nicht nur ein Unfall in der Geschichte war. Es wird aber auch deutlich, dass es ganz verschiedene Möglichkeiten gibt, sein Judentum auszuleben, vom tiefgläubigen Vater im Mittelalter bis zum agnostischen Jugendlichen heute.
- Sie fragt, wie Jugendliche in Deutschland heute mit dieser Tradition umgehen können. Dieses Thema hat sie schon in "Die Zeit der schlafenden Hunde" intensiv bearbeitet, hier wird aber deutlich, dass es für nicht-jüdische Jugendliche fast unmöglich ist, sich nicht verletzend zu verhalten, weil sie so vieles nicht wissen (können) – auch wenn sie noch so guten Willens sind. Dies aufzuzeigen, kann entlasten und falsche Schuldgefühle abbauen. Der Roman wird damit zu einem Versuch, das gemeinsame Leben trotz aller Schwierigkeiten zu meistern - es wird hier auch nicht der Israel-Palästina-Konflikt und seine Auswirkungen auf das Verhältnis zum Judentum in Deutschland ausgeklammert.
- Wie in allen ihren Romanen hat Pressler intensive historische Forschung betrieben und es gelingt ihr, die Szenen im mittelalterlichen wie im aktuellen Deutschland authentisch zu gestalten. Den Jugendlichen wird emotional heftige Kost geboten, etwa, wenn beschrieben wird, wie die Rachel und Joshua ihren erschlagenen Vater finden, gleichzeitig werden aber Wege gezeigt, wie Menschen andere unterstützen konnten.
Kleine Details stören dieses faszinierende Buch – etwa die langatmigen Darstellungen der Beziehung zu Lauras Hund oder die für den Fortgang der Geschichte nicht sehr wichtige, aber lang ausgebreitete Beziehung zu einer Freundin ihrer Mutter.
Ansonsten aber ist das ein Buch, das sich sowohl für den Unterricht wie auch für das Gespräch zwischen den Generationen eignet.

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Diese Rezension wurde verfasst von RPAK; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 11.04.2019