Dry

Autor*in
Shustermann, Neal & Jarrod
ISBN
978-3-7373-5638-1
Übersetzer*in
Kurbasik, PaulineLutze, Kristian
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
448
Verlag
FISCHER KJB Sauerländer Duden
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
Frankfurt am Main
Jahr
2020
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
15,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Es hatte sich längst abgezeichnet, doch als an einem heißen Junitag die Wasserhähne keinen Tropfen mehr hergeben, kommt dies für die Bewohner Südkaliforniens überraschend. Menschenmassen stürmen die Getränkeregale in den Supermärkten. Straßen sind verstopft, weil viele in andere Landesteile fliehen wollen, wo es noch Wasser gibt. Im einsetzenden Chaos wird landesweit der Notstand ausgerufen. Es geht um Leben und Tod, auch für die kleine Gruppe um Alyssa, die fieberhaft nach Wasser sucht.

Beurteilungstext

Es wäre allzu einfach, den Roman „Dry“ als dystopisch zu bezeichnen. Tatsächlich beschreiben Neal Shusterman und sein Sohn Jarrod ein Szenario, das tatsächlich so (oder zumindest so ähnlich) bereits in naher Zukunft zur Realität werden könnte.
Als Folge der globalen Erwärmung ist der Westen der U.S.A. von mehreren Dürreperioden heimgesucht worden. Die Trinkwasserversorgung Kaliforniens wird vor allem aus dem Colorado River gespeist. Doch da Arizona und Nevada die Schleusentore aller Dämme geschlossen haben, weil sie das Wasser selbst brauchen, kommt nichts mehr in Kalifornien an. Das Fehlen an Trinkwasser wie auch der Versuch vieler Bewohner, woanders bessere Verhältnisse vorzufinden, führen in kürzester Zeit zu chaotischen Zuständen. Die Versorgung über Entsalzungsanlagen oder durch Wassertransport per Flugzeug oder Tankwagen reicht nicht einmal ansatzweise aus.
Kelton und seine Eltern haben sich als „Prepper“ zwar auf alle nur denkbaren Ausnahmezustände vorbereitet, haben Vorräte und Waffen für den Ernstfall gehortet. Doch eine wütende Menge stürmt ihr Haus, wobei es zu einem tragischen Todesfall kommt. Die 16-jährige Nachbarin Alyssa und ihr jüngerer Bruder Garrett, deren Eltern vom Versuch, Wasser zu organisieren, nicht zurückgekehrt sind, machen sich mit dem Auto auf, um gemeinsam mit Kelton einen entfernten Fluchtbunker von dessen Familie zu erreichen. Ihnen werden sich noch die ausgeflippte Jacqui und der clevere Henry anschließen. Es wird eine Irrfahrt auf Leben und Tod, mit äußerst ungewissem Ausgang für alle Beteiligten.
Hochdramatisch haben die beiden Autoren die katastrophalen Folgen des Klimawandels beschrieben. Es braucht demnach nur wenige Tage, um die Gesellschaft in zwei Gruppen zu teilen: eine größere von mehr oder weniger willenlosen „Schafen“, die die Lösung des Problems vonseiten der Regierenden erwarten, und eine kleinere von „Wölfen“, die sich im Hinblick auf das eigene Überleben egoistisch und skrupellos über alle Regeln hinwegsetzen und dabei buchstäblich über Leichen gehen.
Es sind erschreckende Szenarien, die verdeutlichen, wie hauchdünn im gegebenen Fall die Decke der Zivilisation tatsächlich ist. Man darf indes hinterfragen, ob dies so der Realität entspricht. Zumindest lässt sich nicht alles wie beschrieben auf deutsche Verhältnisse übertragen. Beispielsweise der nahezu unbegrenzte Zugang zu Waffen, der in der amerikanischen Gesellschaft gang und gäbe ist und zu lebensbedrohlichen Situationen führt. Auch dürfte etwa die Prepper-Mentalität in Deutschland deutlich weniger ausgeprägt sein. Anzumerken ist jedoch, das Shusterman beides als ziemlich problematisch einstuft: Die Nachbarn, die über die gehorteten Vorräte Bescheid weiß, sehen die moralische Pflicht, dass im Notfall auch ‚gerecht‘ geteilt werden müsse. Und weil dies nicht geschieht, nimmt man sich eben das Recht, sich die Vorräte gewaltsam anzueignen. Hinsichtlich der Verfügbarkeit von Waffen werden zudem die fatalen Folgen thematisiert, die sich beim Kampf ums unbedingte Überleben ergeben können.
Deutliche Kritik üben die beiden Autoren am Verhalten der Regierung wie auch der Medien. Die seit Jahren bekannten Probleme werden totgeschwiegen oder verharmlost. Oder sie werden seitens der Medien so sehr dramatisiert, dass dadurch in der Bevölkerung übermäßige Panik geschürt und ein geordneter Umgang mit der Notsituation nahezu unmöglich wird.
„Dry“ ist ein Buch mit zweifellos aktueller und hochbrisanter Thematik, verarbeitet diese auch sehr spannend. Dabei setzen die Autoren jedoch mitunter allzu reißerisch auf Spannung, Effekthascherei und das Schüren von Ängsten. Es ist dennoch geeignet, das Verhalten im Umgang mit allen verfügbaren Ressourcen – nicht nur mit Trinkwasser – zu hinterfragen und zu korrigieren. Das Buch kann für Leserinnen und Leser ab 14 Jahren sowie gegebenenfalls bei Behandlung der Thematik im Schulunterricht empfohlen werden.

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Diese Rezension wurde verfasst von Gerd Klingeberg; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 12.12.2022