Die wirklich wahre Wahrheit

Schlagwörter

• Familie
• Streit/Konflikt

Teaser

Oft glaubt man, mit einer Schwindelei einen Konflikt lösen zu können. Was passiert aber, wenn dabei zwei Lügen aufeinander prallen?

Beurteilungstext

Es fängt ganz harmlos an. Seite 1, ein Bild wie ein Stillleben: Eine Treppe, eine angelehnte Tür und eine Frau steigt die Stufen hinauf. Seite 2: Sie öffnet die Tür und ein Chaos empfängt sie. Von da an nimmt die Geschichte ihren Lauf. Möbel und Gegenstände liegen verstreut herum, nichts scheint an seinem Platz zu sein und mitten drin eine verschämt dreinschauende kleine Gestalt. Folglich entsteht ein Frage-Antwort-Gespräch, offenbar zwischen Mutter und Tochter.

Mit jeder neuen Antwort taucht, deutlich erkennbar, eine neue größer werdende Kindergestalt auf, die vorherige verblasst und tritt zurück. Sie alle werden nicht mit Namen bedacht, bleiben anonym. Nur als sich die Unterhaltung deutlich zuspitzt, fällt der Name des "doofen" Nachbarjungen: "Hannes"! Als Sündenbock auserkoren, soll er die Situation entspannen. Doch nun platzt der Mutter endgültig der Kragen, fassungslos bedient auch sie sich, im Eifer des Wortgefechts, einer sprichwörtlichen Notlüge, ohne es zunächst selbst zu bemerken. Werden dieser Konflikt und die Debatte ein gutes Ende nehmen?

Nanen Carcia-Contreras ist Autorin und Illustratorin. Sie stellt in diesem Buch die Lügen als Personen dar, die immer größer werden, je mehr die Lügen anschwellen. Diese Bildersprache scheint mir für Kinder gut nachvollziehbar zu sein. Die Gestalten sind beeindruckend in Farbe (Mischtechnik) und Ausdruck. Die Motive erinnern an Karikaturen oder auch fortgeschrittene Schülerarbeiten, wirken witzig und kaum bedrohlich. Je nach Aussage der Geschichte sind die Figuren farblich angelegt. Bedeutungsvolles leuchtet in kräftigen Farben, Nebensächliches tritt zart zurück. Der Text ist hier mit wenigen Worten und knappen Sätzen, in einer Ich-Erzählung, in den Hintergrund gesetzt.

Die Entwicklung dieser Lügengeschichte liefert viel Gesprächsstoff für Leser und ihre Vorleser, denn die Thematik wird in jeder Familie früher oder später einmal auftauchen. Alle Menschen lügen nachweislich, mal mehr, mal weniger. Meistens nicht aus Böswilligkeit, Kinder schon gar nicht, sondern eher aus Scham oder Peinlichkeit über das eigene Unvermögen oder wegen eines Missgeschicks.

Diese Geschichte ist bestens geeignet, sich in der Familie diesem Problem zu stellen, (wenn es auftaucht) und nach Lösungen zu suchen. Die Botschaft der Autorin ist eindeutig: Lügen lohnen nicht, die Wahrheit kommt (meistens) doch ans Licht.
Ein wichtiges und sehr lesenswertes Buch.