Die ungeduldigen Frauen

Autor*in
Amal, Djaïli Amadou
ISBN
978-3-407-81348-0
Übersetzer*in
zum Winkel, Ela
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
176
Verlag
Beltz & Gelberg
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
Weinheim
Reihe
afrika bewegt
Jahr
2024
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüreKlassenlektüre
Preis
9,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Ramla ist 17 Jahre alt, als sie als Zweitfrau einen alten einflussreichen Mann heiraten muss. Ihre gleichaltrige Halbschwester wird gleichzeitig mit einem drogenabhängigen Cousin verheiratet. Beide Mädchen leiden an diesen Entscheidungen, sind aber wie alle Frauen ohnmächtig den Entscheidungen von Männern ausgesetzt. Traditionen und Glaubensvorgaben beschneiden Selbstbestimmung. Gibt es einen Ausweg?

Beurteilungstext

Bereits als Kind hebt sich Ramla von ihren Altersgenossen ab. Sie geht zur Schule und beendet diese. Sie liebt die Naturwissenschaften und träumt von einem Studium. Ihr Verlobter scheint dies zu tolerieren oder sogar zu unterstützen. Dann aber wird ihre Verlobung vom Vater gelöst und sie muss die Zweitfrau eines alten Mannes werden. Für ihren Widerspruch wird die Mutter bestraft, was ein perfides System der Unterdrückung deutlich macht. Ihr eigener Vater hat 4 Frauen und 30 Kinder. Aber auch seine Spielräume sind eingeschränkt.

Nach außen wird Harmonie vorgespielt, wird der Schein um jeden Preis gewahrt. Innerhalb der Familien herrschen Niedertracht und Stress. Das bekommt auch Ramla schnell zu spüren. Die stets geforderte Geduld ist kein Allheilmittel, Ratschläge wie "Seid eurem Mann eine Sklavin und er wird euch ein Gefangener sein" (S. 14) schränken wie alle anderen Ratschläge nur die Frauen ein. Neben Ramlas Geschichte lesen wir über das Schicksal ihrer Halbschwester, die einen gewalttätigen, drogensüchtigen Mann heiraten muss und daran zerbricht. Das System schützt die Täter. Auch die Erstfrau kommt zu Wort und Ramlas Mutter, die mit 14 Jahren als Ersatz für ihre verstorbene Schwester in die Familie kam.

Zwangsheiraten und Polygamie verändern die Frauen. Sie müssen alles erdulden, haben selten Gesprächspartner:innen, sollen sich in Gehorsam und Geduld üben, sind Eigentum der Männer. Aberglaube treibt seltsame Blüten. Aus einer solch ausweglosen Situation auszubrechen ist kaum möglich. Es gibt keine sicheren Orte, keine Möglichkeiten, ein selbst bestimmtes Leben zu führen, keine Helfer, um diesen Schritt zu wagen. Dem Schein der Harmonie wird alles geopfert.

Diese ergreifende Geschichte ist fiktional, aber sie erzählt von wahren Begebenheiten. Die Autorin und Frauenaktivistin wurde wie die Protagonistin Ramla als muslimische Fulbe mit 17 Jahren zwangsverheiratet. 2012 gründete sie eine Vereinigung, die sich für Bildung von Frauen und gegen geschlechtsspezifische Gewalt einsetzt. Die Autorin lässt ihre Protagonistinnen als Ich-Erzählerinnen von ihrem Schicksal, ihren Gedanken, ihren Erinnerungen abwechselnd erzählen. Die Wiedergabe von Gesprächen ist kursiv gedruckt. Ramla kommentiert einige Erlebnisse ironisch. Erzählt wird linear mit einigen Rückblicken. Spannung ergibt sich durch die Gesamtsituation sowie durch die Intrigen. Man entwickelt schnell für einige Personen Sympathie oder Antipathie, aber diese muss man gegebenenfalls auf den Prüfstand stellen.
Diese Geschichte bietet eine Fülle an Diskussionsstoff im Unterricht.

Das Buch erschien als Hardcover vor zwei Jahren in Deutschland. Es ist inzwischen in über 20 Sprachen übersetzt. Es wurde für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.
Der Verlag bietet für 9 € Unterrichtsmaterial zum Download an.

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Diese Rezension wurde verfasst von Fee; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 20.03.2024