Die teuflischen Abenteuer des Filip Engel

Autor*in
ANDERSEN, Kenneth Bogh
ISBN
978-3-423-76040-9
Übersetzer*in
Subey-Cramer, Antje
Ori. Sprache
Dänisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
400
Verlag
dtv
Gattung
Ort
München
Jahr
2011
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Filip Engel heißt nicht nur so, er verhält sich auch wie einer: Gut erzogen, stets hilfsbereit, bescheiden usw. Als er bei einem Autounfall stirbt, kommt er in die Hölle und soll der Nachfolger des Teufels werden – der an seinem neuen Lehrling bald verzweifelt...

Beurteilungstext

Eine etwas heikle Geschichte, auf die sich der dänische Autor Kenneth Bøgh Andersen da eingelassen hat: Ein dreizehnjähriger Junge stirbt bei einem Autounfall, kommt in die Hölle und soll dort Luzifers Nachfolge antreten. In dieser Einfachheit wird der „blasphemische Plot“ nicht nur die Fundamentalchristen mit ihrer permanenten Angst vorm Antichristen erzürnen, sondern auch einige konservative Anhänger der Amtskirchen. Und manche Darstellungen – das sei vorab erwähnt – sind sicherlich kritisch zu betrachten.
Grundsätzlich aber hat Andersen ein lesenswertes Kinderbuch geschrieben, das unterschwellig mehr ethisch-religiöse Werte vermittelt, als der erste Augenschein erwarten lässt. Im Zentrum stehen dabei die Tugenden, die der junge Protagonist verkörpert und an denen sogar der Teufel selbst verzweifelt. Zudem wird den Kindern mit Filip als gutem Beispiel die Botschaft „Macht nichts Böses, uns entgeht nichts“ vermittelt.
All den Verlockungen Tricks und Satans widersteht Filip, allerdings nicht weil er es will, sondern einfach aufgrund seines liebenswerten und ehrlichen Charakters. Erst mit einer hinterhältigen, eben teuflischen List gelingt es dem ewig Bösen, Filip zu verführen und auch äußerlich langsam in einen Teufel zu verwandeln. Er begeht, sie werden explizit erwähnt, sechs der sieben Todsünden. Wie dort finden sich auch an anderen Stellen unmittelbare Anspielungen auf zentrale Themen und Figuren der christlichen Lehre und Tradition: Der Türklopfer an der Höllenpforte ist z. B. Pontius Pilatus‘ Kopf, der grausame Inquisitor Jakob Sprenger begegnet Filip als ewig Ertrinkender und zugleich Verbrennender, im „Religionsmuseum“ findet er das Kerngehäuse des verbotenen Apfels aus dem Garten Eden.
Einer der fragwürdigsten und kinderliterarisch schwierigsten Aspekte des Buches ist sicherlich die Darstellung der Hölle, die gemäß christlicher Lehre ein Ort unvorstellbaren Leids und Grausamkeit ist. Andersen versucht diese Schwierigkeit zu umgehen, indem er die Hölle in weiten Teilen als eine kindgerechte Parallelwelt inszeniert. Die unterschiedlichen Arten von Teufeln und Dämonen leben – natürlich – in ewiger Nacht und in Familien, haben mehr oder weniger Freunde, die Kinder gehen zur Schule und haben bei aller Boshaftigkeit sehr menschliche Verhaltensweisen. Bei alldem geht aber der Gedanke an Unterwelt und die ewige Verdammnis nicht verloren: Das „tägliche Geschäft“ der Dämonen ist, die Seelen der Menschen zu quälen. Hier macht Andersen auf die Grausamkeit aufmerksam, indem er die Tätigkeiten der Gepeinigten beschreibt oder Filip feststellt, dass er sich nicht auf einem normalen Kopfsteinpflaster fortbewegt, sondern über die Gesichter derer geht, die in ihrem Leben auf anderen Mitmenschen herumgetrampelt sind. Dabei vernachlässigt Andersen aber blutige Details, verliert den Humor nicht und geht (theologischen) Fragen nach, die Kinder unweigerlich stellen, wie z. B. warum die Welt das Böse brauche: „Weil das Gute nur kraft des Bösen existiert und umgekehrt“ (70).
Das Ende des Romans ist wie erwartet kindgerecht gestaltet, indem Filip wieder zurück auf die Erde kommt und sein Aufenthalt in der Hölle lediglich einen irdischen Zeitraum von zwei Sekunden umfasste (Schön: Mal kein Traum, aus dem jemand erwacht!). Der Grund für seine Rücksendung passt aber zur Botschaft des gesamten Werkes. Filip besinnt sich als kleiner Teufel auf seine alten Werte, rettet Luzifer uneigennützig vorm Tod und macht damit seine Verwandlung rückgängig.

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Diese Rezension wurde verfasst von str.
Veröffentlicht am 01.01.2010