Die letzte Reise Janusz Korczak und seine Kinder

Autor*in
Cohen - Janca, Irène
ISBN
978-3-942787-55-0
Übersetzer*in
Jacoby, Edmund
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Quarello, Mauizio
Seitenanzahl
72
Verlag
Jacoby & Stuart
Gattung
Ort
Berlin
Jahr
2015
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die bewegende Geschichte des Mannes, dessen Ideen wichtige Impulse für die UN-Kinderrechtskonvention gegeben haben (Klappentext)

Beurteilungstext

Janusz Korczak, der polnisch-jüdische Arzt, Schriftsteller und Wissenschaftler, Leiter des Waisenhauses an der Krochmalna-Straße und später, nach der Zwangsumsiedlung ins Ghetto, an der Chlodna-Straße; Janusz Korczak also, von seinen Kindern nur Pan Doktor genannt, ist verschwunden. Er hat, je nachdem, den Mut, den Leichtsinn oder die Frechheit besessen, in der Uniform der besiegten polnischen Armee und ohne den gelben Stern, den zu tragen er gesetzlich verpflichtet ist, ins Palais Blank, dem Hauptquartier der Deutschen zu gehen, um einen Wagen mit Kartoffeln, den die Deutschen dem Waisenhaus gestohlen haben, zurückzufordern. Er wird verhaftet und gequält, nach einem Monat wieder freigelassen und kehrt, sichtlich gebrochen und verletzt, ins Waisenhaus zurück. Bis dahin aber ist sein Fehlen den Kindern, die hier als Kollektiv erzählen, Grund, sich seiner zu erinnern. Wer war dieser Mann? Wie hat er gelebt und gearbeitet? Wie hat er sich den Kindern gegenüber verhalten? Wie war das mit dem Recht, mit der Gerechtigkeit, mit der Gerichtsbarkeit im Waisenhaus? Wie hat er es geschafft, den Vielen, die jeden familiären Halt verloren hatten, Halt zu geben? Wie hat er es geschafft, sich selbst zu halten? Hier wird in einfacher, selten pathetischer Sprache beschrieben, was es mit Janusz Korczak auf sich hatte und wie zu bewerten ist, was die Deutschen ihm und seinen Kindern angetan haben, den einhundertzweiundneunzig Kindern und zehn Erwachsenen des Waisenhauses an der Chlodna-Straße, wobei nicht vergessen werden soll, dass dieses Waisenhaus beileibe nicht das einzige war, dessen Bewohner ermordet wurden, insgesamt eine Million und fünfhundert Tausend, um nur die Zahl der ermordeten Kinder zu nennen.
Wie gesagt, das Buch ist gut zu lesen und gleitet nur im letzten Teil, dem Gang der Kinder und ihrer Betreuer zum Umschlagplatz, ins Höhere, ins Überhöhte ab. Der alte Doktor ging vorneweg, erhobenen Hauptes, den Blick in die Ferne gerichtet, an beiden Händen eines der Kinder. Und hier erliegt dann auch der Zeichner Maurizio A.C. Quarello, der die Erzählung in weiten Teilen einfühlsam und eher nüchtern begleitet hat, der Versuchung, ein Heldenepos zu illustrieren. So gerät ihm der Gang in die Vernichtung unversehens zur Demonstration für einen kommenden Staat. Die Kinder tragen da nicht mehr den gelben Stern, sie tragen Blau auf Weiß, sie tragen die Symbole Israels, wir aber sind verwirrt, sind peinlich, ärgerlich berührt. Soll der Verweis auf Israel, dem Staat der Juden, tröstlich sein? Was treibt den Zeichner an, den letzten und verzweifelten Versuch, die eigene Würde zu bewahren, symbolisch aufzuladen, ihn umzudeuten zur Alija, zum Aufstieg ins sogenannte Heilige Land? Das kann ja wohl nicht sein und ist vermutlich so. Trotz alledem, das Buch ist gut und sollte von Vielen gelesen werden.

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Diese Rezension wurde verfasst von bf.
Veröffentlicht am 01.04.2015