Die lange Reise des alten Gnoms

Autor*in
Surojegin, Pirkko-Liisa
ISBN
978-3-8251-5210-9
Übersetzer*in
Kritzokat, Elina
Ori. Sprache
Finnisch
Illustrator*in
Surojegin, Pirkko-Liisa
Seitenanzahl
22
Verlag
Urachhaus
Gattung
BilderbuchFantastikMärchen/Fabel/Sage
Ort
Stuttgart
Jahr
2022
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüreVorlesen
Preis
17,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Wer kennt das nicht? Abschied ist meist mit Traurigkeit besetzt. Vor allem, wenn uns ein*e gute*r Freund*in verlässt. Wenn man aber für immer geht, dann wird das bedrückende Gefühle auslösen.
Und wie ist das hier? Der alte Gnom verlässt seinen Stamm und macht sich auf eine Reise, deren Ziel nicht mal er selber kennt.

Beurteilungstext

Dass Gnome kleinwüchsige und menschenähnliche Fabelwesen sein sollen, weiß man schon lange. Und dass sie in Bergen, Gewässern und Wäldern leben, das weiß man auch. In vielen Volkssagen wird von ihnen berichtet. Sie sollen Schätze horten und hinterlistig sein, aber auch schlau und sehr gutmütig.
Viele Autoren*innen haben sich ihrer angenommen, z.B. Michael Peinkofer, J.F.Rowlings oder Eoin Colfer, um nur einige zu nennen.
Auch die finnische Autorin und Illustratorin Pirkko-Liisa Surojegin lässt sie in ihren Bilderbüchern lebendig werden. Hier gehören sie zu den Guten. Wir begegnen ihnen in Untu, der das Licht im Winter sucht oder in ihren Illustrationen zu Kalevala, dem finnischen Nationalepos. In ihrem neuen Werk macht sich der alte Gnom auf eine lange und zugleich seine letzte Reise. Zuvor nimmt er Abschied von seinem Stamm der Wurzelgnome und erinnert sie an seine Lehren. Doch wohin seine Reise gehen wird, weiß erselbst nicht. Er wandert einsam durch den Wald, von ferne begleitet ihn manchmal ein Wolf und als es zu schneien beginnt, trifft er auf einen Elch. Dieser lässt ihn auf seinem Geweih reiten. Immer tiefer dringen sie in den Wald ein, bis das große Tier ihn auf einem Stein absetzt. Dies sei das vorläufige Ziel der Reise, meint der Elch und verlässt ihn. Ängstlich sieht sich der Gnom um. Er ist alleine im Winterwald. Doch dann wird es hell und ein zartes Flügelwesen, ein personifizierter Lichtstrahl, taucht auf, nimmt ihn an die Hand und führt ih zum eigentlichen Ziel seiner Reise, wo er einen Neuanfang erleben wird.
Pirkko-Liisa Surojegin hat einen zarten Text über eine spezielle Wanderung geschrieben und ihn mit poetischen Bildern untermalt. Bis zum Boden reichen die weißen Haare der Gnome, die in dem Wurzelwerk der Bäume leben. Fragend und doch vertrauensvoll schauen sie den Alten an, als er vom Abschied spricht. Einsam kniet er auf den Wurzeln der Bäume, lauscht an einem alten toten Stamm, der aber einen kleinen Fichtensprössling hervorgetrieben hat. Der Wolf, der ihn begleitet, schaut nicht bösartig aus, eher wie ein zeitweiliger Beschützer. In dem Weiß des Winterwaldes verschwimmen die Bäume und auch der Gnom mit seinen langen weißen Haaren wird fast eins mit dem Hintergrund. Er wird nicht erfrieren, denn ein helles, zartes Flügelwesen verspricht ihm: "Ich bin gekommen, um dich in mein Reich zu holen."
Die letzte Seite dieses Bilderbuches zeigt den alten Gnom, wie er freudig aus dem weißen Wald emporschwebt. Empor zu einem neuen Ziel.
Pirkko-Liisa Surojegin erzählt für Kinder und Erwachsene eine behutsame Geschichte vom Abschied, vom Tod. Hier ist der Tod nichts Außergewöhnliches oder Drohendes. Der Tod ist ein Teil der Natur, der zum Leben dazugehört wie die Geburt und das ganze Leben mit all seinen Höhen und Tiefen. Sie erzählt von dem ewigen Kreislauf der Natur und der notwendigen Verwandlung in ein neues Wesen.
Ihr Text ist poetisch leise und leicht nachvollziehbar. Die Bilder ziehen den:die Betrachter in ihren Bann. Sie erinnern an die Troll- und Wichtelbilder des schwedischen Malers John Bauer (1882- 1918): Die langen Haare, die den Körper bedecken, die manchmal über Wurzeln oder Seeoberflächen gebeugten Gestalten, die großen Nasen, die nur die Andersartigkeit darstellen, das mädchenhafte Flügelwesen am Ende. Mit Sicherheit war und ist J. Bauer ein Vorbild für Pirkko-Liisa-Surojegins Illustrationen und doch tragen ihre Bilder ihren eigenen Stil. Da ist nicht mehr die jugendstilhafte Umgebung zu verspüren, sondern die real verwurzelte, bewaldete und verschneite Gegenwart ihrer nordischen Heimat.
Nicht zu vergessen ist die Botschaft, die der alte Gnom seinem Stamm beim Abschied nochmals verkündet: "Lebt in Harmonie und Frieden. Pflegt unseren Wald mit Liebe. Denkt daran, die kleinen jungen Sprösslinge dürfen nicht im Schatten der Großen verkümmern. Ihr müsst sie beim Wachsen unterstützen und dafür sorgen, dass sie genügend Platz haben."
Fast eine politische Mahnung an uns Erwachsene.
Ein Bilderbuch, mit sanften Worten und Bildern und mit einer ausdrucksstarken Botschaft. Ein Buch für alle ab vier Jahren.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Walter Mirbeth; Landesstelle: Bayern.
Veröffentlicht am 24.05.2023