Die Kartoffel und der Sinn des Lebens

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Teaser

Alle Kartoffeln wissen, dass der Sinn ihres Lebens darin liegt, gegessen zu werden. Die kleine Kartoffel aus dieser Geschichte jedoch will nicht auf dem Teller enden und macht sich auf den Weg, um andere nach deren Lebenszweck zu befragen – wie zum Beispiel den Vogel. „Es gibt so viele Gründe, um auf der Welt zu sein“, merkt sie. Wofür war sie also selbst auf der Welt? Über diese Frage schläft sie im Frühling ein, langsam wächst eine Pflanze aus ihr. Nun hat sie ihren Lebenssinn gefunden.

Beurteilungstext

Mit den Worten „Es war einmal…“ beginnt Birte Müller ihr Märchen um diese ungewöhnliche Hauptfigur. Eine kleine Kartoffel will nicht als Bratkartoffel, Kartoffelmus oder im Salat enden. Obwohl alle anderen Kartoffeln empört meinen, sie müsse unbedingt mit in die Suppe kommen, meint sie: „Gar nichts muss ich!“ Also kullert sie vom Tisch, rollt hinaus in den Garten und fragt alle Wesen, die sie nun trifft, nach dem Sinn des Lebens. Der Vogel antwortet: „Ich sitze einfach im Baum und singe.“ Der Regenwurm gräbt die Erde um und ist die Lieblingsspeise der Vögel. Die Hummeln bestäuben die Blüten, die Blume duftet und dem Stein reicht es, „da zu sein und in der Sonne zu liegen.“

Die kleine Kartoffel fragt sich, wofür sie selbst wohl auf der Welt ist. Vielleicht gibt es „auch noch viel mehr, was man im Leben tun konnte, wovon sie nur noch gar nichts wusste.“ Vom Nachdenken ganz müde, kuschelt sie sich in die warme Erde und schläft ein. Als sie nach langer Zeit wach wird, merkt sie, dass ihr inzwischen Wurzeln gewachsen sind und ein grüner Spross aus ihr herausschaut. „Ich bin hier, damit aus mir viele andere Kartoffeln werden. Hurra!“, ruft sie glücklich. Was aus ihren kleinen Kartoffeln werden wird, kann sie nicht wissen. Sicher würden einige zu Kartoffeln mit Soße werden, aber vielleicht wird eine kleine Kartoffel auch etwas ganz anderes machen als die anderen. „Vielleicht würde sie Astronautin werden. Wer kann das schon wissen?“

In einfachen Sätzen, kindgerecht und doch poetisch erzählt Birte Müller diese phantasievolle Geschichte und macht gleich mit ihren ersten Worten deutlich, dass es sich nicht um ein Sachbuch über Kartoffeln handelt. Sie führt uns zu der philosophischen Frage nach dem Sinn des Lebens, die hier von einer höchst ungewöhnlichen Figur, der kleinen Kartoffel, gestellt wird. So gibt sie der eigentlich nachdenklichen Geschichte einen humorvollen Ton und lenkt liebevoll den Blick auf die Vielfalt der Natur.

Passend zum Thema sind ihre ungewöhnlichen Illustrationen im Kartoffeldruck entstanden; schon im Vorsatzblatt tummeln sich witzige Kartoffelgesichter. Auf jeder Doppelseite gibt es mindestens ein ganzseitiges farbiges Bild, das die Begegnungen und Überlegungen der kleinen Kartoffel zeigt und den Text noch verständlicher werden lässt. Für Kinder ab etwa fünf Jahren sind die ,Gedanken und Fragen‘ der Kartoffel nachvollziehbar, sie laden zum eigenen Nachdenken und zum Gespräch darüber ein, ob „wir wirklich immer die Erwartungen anderer erfüllen“ müssen. Im Unterricht der Grundschule kann das Buch als Ergänzung zum Sachunterricht dienen und Impulse für den Deutsch- und Kunstunterricht geben. Viele Kinder werden Ideen haben, wie die Geschichte weitererzählt werden kann. Ein sehr empfehlenswertes Buch!

Birte Müllers Bilderbücher sind in über zwanzig Sprachen übersetzt, zuletzt wurde sie im Mai 2021 mit dem Luchs-Preis für ihr Kindersachbuch „Wie krank ist das denn?! Gruselige Krankheiten von früher und heute" ausgezeichnet. Sie ist bekannt für ihre Lesungen und Workshops mit Kindern und schreibt Kolumnen, u.a. für die TAZ und den Spiegel. Ihre Illustrationen konnte man in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen im In-und Ausland sehen, z.B. auf der Buchmesse in Bologna.