Die Geschichte der Kunst von der Urgeschichte bis heute

Autor*in
Merlo, Claudio
ISBN
978-3-219-11422-5
Übersetzer*in
Schöberl, Elisabeth
Ori. Sprache
Italienisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
125
Verlag
Gattung
Ort
Wien
Jahr
2009
Lesealter
12-13 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
19,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

125 Seiten für die gesamte Kunst, von Lascaux bis Picasso und Max Ernst, das ist ein gewagtes Unterfangen. Aber Autor und die acht Illustratoren, hinter deren Namen noch weitere Zeichner stehen, haben es vollbracht und ein Werk vorgelegt, das mindestens den Grundansprüchen Genüge tut. Es ist nicht ein Katalog der berühmtesten Bilder, sondern Texte und vor allem Zeichnungen zeigen die Zusammenhänge zwischen Zeit, Menschen und Kunstwerken.

Beurteilungstext

Auf 125 Seiten eine komplette Kunstgeschichte zu komprimieren, ist ein gewagtes Unternehmen und - um es gleich vorweg zu sagen - die Autoren haben es geschafft, einen Überblick von der Höhlenmalerei bis zum Guggenheim-Museum vorzulegen.
Die Abbildungen - es ist müßig hier zu sagen, dies oder das fehlte und dies oder das wäre überflüssig - sind durchweg gut ausgewählt, technisch hervorragend reproduziert, manche jedoch unangemessen dunkel, und in Situationsbilder komponiert, die das Leben der Künstler, der Zeit oder der Auftraggeber (oder auch alles zusammen) gut vermitteln. Kunst wird also nicht isoliert gezeigt, sondern als das, was sie ist: Ausdrucksmittel der Zeit.
Die Bildseiten zeigen auf jeweils einer Doppelseite Hauptwerke der Künstler oder der Zeit, weitere isolierte Bildwerke stehen daneben und sehr kurze Texte - viel Platz steht nicht zur Verfügung - sollen die notwendigen Informationen liefern.
Meist schaffen sie das auch, aber vielfach sind sie Grund, mich darüber zu ärgern. Ich weiß nicht, ob die Übersetzerin das verschuldet, vermute eher, dass die italienische Vorlage so etwas verbricht:
Nonsens: (Bildhauerarbeiten) nahmen ... die Form von großen Säulen an... allmählich wichen sie von den Mauern ab, und die Künstler verliehen ihnen natürlichere Haltungen. (Zur gotischen Plastik) S. 44
Rätselhaftes: Der Quetzal... erhob sich wieder in die Lüfte, nachdem man ihn gerupft hatte. (Zur aztekischen Federkunst) S. 60
Binsenweisheiten: Die Kriege, die Frankreich führte, brachten das Land mit Italien in Berührung. (Zur Renaissance) S. 62
Ignorantes: Hinter (Mona Lisa) dehnt sich eine Landschaft aus, von der man meinen könnte, sie wäre vom Flugzeug aus gesehen. Es wurde in einer Schattierung voller Feinheiten gemalt, die typisch für Leonardo ist. (Gemeint ist das Sfumato, falsch und unspezifisch beschrieben und letztlich Leonardo ignorierend) S.70
Technikunverständnis: (Gutenbergs Buchstabentypen) konnten bewegt und wiederverwendet werden, damit man nicht den Text noch einmal mit der Hand abschreiben musste.
Platitüden: Chagall war ein großer Maler (S.106)
Und so ganz ungerupft kann ich auch die Zeichner nicht lassen: so informativ, künstlerisch und Zeitkolorit vermittelnd sie ihre Bildkompositionen zusammenstellten, ich muss doch annehmen, dass sie noch nie in einem Bildhaueratelier waren: Canovas großes Atelier (S.92f) mit einer Fülle von Gips- und mindestens vier Marmorfiguren, alle überlebensgroß, werden in einem staub- & gips- & abschlagfreien Atelier bearbeitet. Wer macht da nur immer so prompt sauber?
Berge von Schutt und Gipsresten müssten dort herumliegen. Und in anderen Bildern ebenso.

Aber die Kompositionen der einzelnen Doppelseiten sind hervorragend zusammengesetzt und mitunter zeugen sie von hohem Sachverstand, besonders fällt mir die Impressionistenseite “Das Malen im Freien” (S.110f) ins Auge. Hier werden drei gleiche Bilder gezeigt (La Grenouillère): das von Monet, das von Renoir und eines der Illustratoren. Alle drei zeigen das Gleiche, das der Illustratoren umfasst 2/3 der Doppelseite, ist mit Textblöcken unterlegt und zeigt, wie es wohl aussah; bei dem Monet´schen wird beschrieben, wie sehr es ihm auf das Lichterspiel und die Wasserspiegelungen ankam; bei Renoir wird der Blick auf Laubwerk und Gewänder und deren Lichter und Schatten gelenkt. Besser kann man die Absichten und Inhalte der impressionistischen Bilder nicht erklären.

Picasso ist nur mit dem hier sehr korrekt eingeordneten Guernica vertreten, immerhin Max Ernst als Surrealist, was sehr selten geschieht, dafür aber wird Dali ausgelassen, was ich nicht verstehe. Aber siehe oben.

Unterm Strich liegt hier also eine Kunstgeschichte vor, die ein Verständnis für die Künstler erweckt, das nur aus der jeweiligen Zeit heraus zu verstehen ist. Was wollen die Künstler eigentlich zeigen? ist die Grundfrage, die - vor allem über die zusätzlichen Illustrationen zu den großen Werken - beantwortet wird und dem Leser hoffentlich so etwas wie ein Kunstverständnis vermittelt. Die Texte sind nicht immer hilfreich dafür, aber in einem vorwiegend aus Bildern bestehenden Buch werden die wohl auch nicht unbedingt im Zentrum des Rezipierens stehen.
Und fragen können müssen die Kinder und Jugendlichen, die sich dieses schöne Buch ansehen, dürfen können. Wer es verschenkt oder wer es in der Schule etc. ausgibt, sollte sich bereit halten für Fragen, die sich aus den Texten ergeben. Mindestens.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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