DIE FARBE DES KRIEGES

Autor*in
BABTSCHENKO, ARKADI
ISBN
978-3-87134-558-6
Übersetzer*in
Kühl, Olaf
Ori. Sprache
Russisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
256
Verlag
Rowohlt
Gattung
Ort
Reinbek
Jahr
2007
Lesealter
16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
17,90 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Brutalster und grausamster Erfahrungsbericht eines 18-jährigen russischen Soldaten während des Tschetschenienkriegs

Beurteilungstext

Dieses Buch ist absolut nicht geeignet, um es abends vor dem Einschlafen im Bett zu lesen, denn dann verfolgen einen die Horrorbilder, die Arkadi Babtschenko beschreibt.
Als 18-jähriger Russe kommt der Ich-Erzähler zunächst zur militärischen Armee und wartet auf seinen Einsatz in Tschetschenien. In kurzen Kapiteln erzählt Babtschenko von seinen Erlebnissen an der Startbahn bei Mosdok und vor allem von der Brutalität, die innerhalb der Truppe herrscht. Detailliert wird beschrieben, wie Vorgesetzte ihre unerfahrenen Schützlinge zusammenschlagen und welche Not unter den Soldaten herrscht. Viele begehen Selbstmord oder versuchen zu fliehen. Einen Ausweg aus der Situation sieht niemand. Auch Babtschenko ist den Launen der betrunkenen Offiziere ausgesetzt. Fast wirkt er erleichtert, als er in Tschetschenien rund um Grosny kämpfen darf. Aber auch seine Schilderungen und Ängste von dort - mitten aus dem Kriegsgeschehen - lassen den Leser nicht unberührt. Auch wenn zwischendurch von den bunten "Farben des Krieges" (deshalb auch der Buchtitel) geschrieben wird, die Natur blüht, Vögel singen und die Sonne aufgeht, so können diese kurzen Momente des Normalen, des Friedlichen nicht über die schrecklichen Geschehnisse hinwegtäuschen. Dass auch Babtschenko diese Bilder nicht loslassen, zeigt eines der letzten Kapitel aus dem Jahr 1997, als er äußerlich unverletzt nach Moskau zurückgekehrt ist, jedoch nachts in seinen Träumen von all seinen Erlebnissen eingeholt wird.
Erschreckend und aufwühlend empfinde ich das Buch besonders deshalb, weil der Autor so präzise das Sterben um ihn herum beschreibt. Auf jeder zweiten Seite ist von dickem, schwarzen Blut zu lesen, das aus großen Wunden strömt und von jungen Menschen, die diesen Krieg gar nicht wollten und qualvoll sterben müssen. Natürlich hat man das damals im Fernsehen mitbekommen, aber hier schreibt jemand, der selber dabei war und so bekommen Namen wie "Grosny" oder "Tschetschenien" in Zukunft für mich eine ganz andere Bedeutung. Wie mutig von Babtschenko, dieses Buch überhaupt herauszugeben, gerade nach der Ermordung von Anna Politkowskaja im Herbst 2006. Und wie wichtig für alle anderen: denn hier steht, wie es wirklich war - und das vor noch gar nicht allzu langer Zeit.
Jugendliche Leser sollten allerdings ein gewisses Alter und eine gewisse Reife besitzen, um sich an diese schwere Kost heranzuwagen.

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Diese Rezension wurde verfasst von REI.
Veröffentlicht am 01.01.2010