Die Fabelinsel

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Teaser

Eine Gruppe Schiffbrüchiger strandet auf einer Südseeinsel. Nicht das eigentliche Überleben wird für sie zur Herausforderung, sondern der Kampf gegen die tägliche Langeweile. So kommen sie auf die Idee, sich altbekannte und neu erdachte Fabeln zu erzählen.

Beurteilungstext

Bei seiner erstmaligen Erscheinung im Jahre 1984 noch durchaus im Zeittrend der großen Schiffsreisen, die uns in Fernsehfilmen und Serien angeboten wurden, muten die Thematik der Rahmenhandlung und ihre künstliche Verflechtung mit dem Genre der Fabeln heute etwas unrealistisch an, verträumt und der Zeit hinterher. Dennoch haben sie nichts von ihrer Aktualität verloren und bemühen sich einfach weiter, der Zeit ein wenig die Eile zu nehmen. Genau diese Stimmung vermittelt die Inselgeschichte um die gestrandeten drei Erwachsenen und zwei Kinder, die trotz ihrer Eintönigkeit den Leser nie langweilt, da sie nicht in aller Ausführlichkeit beschreibt, sondern nur episodenartig Situationen anreißt, Entwicklungen aufzeigt und Stimmungen vermittelt. Der Autor legt Wert auf die Feststellung, dass alle seine Figuren literarisch vorgeprägt und grundsätzlich intellektuell ausgerichtet sind.
"Das manche dieser kleinen Fabeln gar keine Fabeln sind, sondern nur kleine Reimgeschichten, störte niemanden von den Schiffbrüchigen. . . erläutert er außerdem selbst den literaturtheoretischen Hintergrund. Und ganz nebenbei lässt er auch Bemerkungen über bekannte Fabeldichter einfließen.
Die Unterteilung der Rahmenhandlung und der Fabelblöcke erscheint etwas umständlich und lässt zumindest beim Blick in das Inhaltsverzeichnis Verwirrung aufkommen, doch auch diesen Umstand erklärt der Autor durch seine Protagonisten: In Ermangelung von geeignetem Schreibmaterial und zugleich als Gedächtnistraining möchten sich die Insulaner auf Zeit ihre Geschichten merken, um sie später niederschreiben zu können. Die geplante Erinnerung wird bewusst als Zukunftsausblick genutzt, um den psychologischen Wert der Hoffnung zu stärken. Die Unterteilung der Blöcke in grundlegende Systematiken der Zivilisation erleichtert ihnen dieses Vorhaben.
Die Fabeln und Reimgeschichten selbst sind eine bunte Mischung bearbeiteter literaturhistorischer und moderner Texte mit verschiedensten moralischen Fingerzeigen, unterschiedlicher Länge, geographischer Herkunft und Sprachgestaltung. Sie bilden alles in allem eine ansehnliche Sammlung in gelungener kindgemäßer Gestaltung.
Äußerlich erinnert das Buch an die großen Werke Erich Kästners und Walter Triers. Der Illustrator Christoph Mett ist damit auf dem besten Weg, diesem Erfolg nachzueifern. Seine zarten Vignetten, seine feinsinnigen Schwarzweißzeichnungen und die Umsetzung der Charaktere in Ausdruck und Haltung der Tiermotive sind optimal abgestimmt auf den Charakter des Textes. Selbst die Verfremdungen und Übertreibungen in der einen oder andern Illustration überzeugen.
Jeder Deutschlehrer sollte dieses Buch in seiner Arbeitsbibliothek haben. Aber auch für alle anderen ist es ein lehrreiches und kurzweiliges Lesevergnügen.