Die Einsamkeit der Astronauten

Autor*in
Beuse, Stefan
ISBN
978-3-446-27592-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
222
Verlag
Hanser
Gattung
Dystopie
Ort
München/Wien
Jahr
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
18,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Jonah lebt mit seinen Eltern in einer Siedlung mitten im Wald. Diese wird von der CoffeeCompany vor der DraußenWelt „beschützt/kontrolliert“. Alle Mitglieder dieser Gesellschaft nehmen Pillen, die ihren Gefühlshaushalt regulieren, und trinken schwarzes Wasser „Kaffee“ aus Leitungen der Company, da das normale Wasser angeblich verschmutzt ist. Beides stumpft ab und macht die Menschen für die Company lesbar. Jonas fühlt sich als Außenseiter, als falsch, bis Lia wie aus dem Nichts auftaucht und seine Wahrnehmung bestätigt und teilt.

Beurteilungstext

Diese epische Dystopie stellt alles in Frage, was in unserer Realität und Welt als wahr empfunden wird: es gibt keine wirkliche Entscheidungsfreiheit, keine freie Meinungsbildung, keine Wahrheit und Gefühle sind Illusionen und bedrohlich. Alles wird kontrolliert und beeinflusst durch die CoffeeCompany, die allmächtig auf alle Dinge, Abläufe und Menschen Einfluss nimmt. Sie beschützt die Siedlung vor der DraußenWelt und alle folgen den Anweisungen freiwillig und gerne. Jonah scheint der einzige misstrauische Mensch zu sein und wird dementsprechend als Sonderling behandelt und gemobbt.
In unserer Realität ist es zwar nicht eine einzige Firma, die kontrolliert, aber der oft unkritische Umgang mit Social Media, Internet-Banking und dergleichen kommt dieser Beeinflussung schon recht nah. Und auch hier ist derjenige, der nicht mitmacht schnell der Nerd/der Außenseiter.
Anfangs hat der Leser/die Leserin den Verdacht – ähnlich wie bei dem Film „Die Truman – Show“ – ZeugIn eines Experimentes zu sein, dann fühlt man sich an „Der Hüter der Erinnerung“ erinnert, auch Elemente von „Alice im Wunderland“ und „Die Tribute von Panem“ sind erkennbar, aber die Ebene der geläufigen Logik wird permanent unterbrochen und die Genregrenzen sind fließend. Die Erzählinstanz ist unzuverlässig und verwirrend.
Das klingt reichlich kompliziert und bereits ein wenig dystopisch. Doch genau so ist das Buch: undurchschaubar, irrsinnig und mit Weltuntergangsattitüde versehen. Das Motto von Handlung, Figuren und Erzähler: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Der eigentliche Ablauf der Ereignisse im Buch kreuzt sich immer wieder mit jenen, die nur im Kopf des Protagonisten stattfinden, und jenen, die gewissermaßen stattfinden und zugleich wieder nicht stattfinden. So versucht der Einsiedler Krons die Logik zu erklären: „Wenn ich dir erzähle, dass du das alles wirklich erlebt hast, dass es aber trotzdem auf andere Weise real war als die Bäume hier um uns herum, klingt das verrückt?“ Die Antwort des Protagonisten Jonah: „Nicht verrückt genug.“
Das Auftauchen des Mädchens Lia scheint für Jonah und den Leser eine Spur Normalität in die Geschichte zu bringen, ihr Verschwinden aber führt ab der Hälfte des Buches zu erneuten schwierig zu verstehenden Verwicklungen und Realitätsverschiebungen. Zum Ende hin lässt der Autor Jonah sagen: „Den Anblick deines wahren Selbst. Das ist es, was der See dir zeigt.“
Dieses Buch ist eine Herausforderung für jeden Leser, zumal es auf die vielen gestellten Fragen keine Antworten gibt.

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Diese Rezension wurde verfasst von 6; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 24.01.2024