Die Bibliothek der Hoffnung

Autor*in
Thompson, Kate
ISBN
978-3-426-52986-7
Übersetzer*in
Schünemann, Anja
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
478
Verlag
Droemer-Knaur
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
München
Reihe
Ersterscheinung
Jahr
2023
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüre
Preis
16,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Es ist das Jahr 1944. Der Zweite Weltkrieg dauert nun schon fünf Jahre an. In der stillgelegten U-Bahn-Station Bethnal Green haben die Bibliothekarin Clara Button und ihre Freundin Ruby Monroe eine kleine Bibliothek aufgebaut. Damit schaffen sie vor allem Frauen und Kindern eine Parallelwelt aus Büchern, die sie für einen Moment die Schrecken des Krieges vergessen lassen. Die beiden Frauen haben hierbei ganz besonders die Kinder im Blick. Clara und Ruby lesen jeden Abend aus Büchern vor, die sich die Kinder vorher ausgesucht haben. So bekommen sie wenigsten in dieser Zeit das Gefühl einer unbeschwerten Zeit. Andere kommen, um von ihren Problemen zu erzählen. Besonders Frauen suchen die Bibliothek auf, um einen guten Rat oder auch Zuspruch zu erhalten. Doch auch Clara und Ruby haben so ihre eigenen Sorgen und Nöte. Clara, die ihren Mann und ihr ungeborenes Kind verlor. Ruby, deren Schwester im U-Bahn-Tunnel zu Tode gekommen ist. Ihre Mutter Netty ist den ständigen Misshandlungen ihres Stiefvaters ausgesetzt. Und da sind auch noch Billy und Eddie. Billy, der das Versprechen eines Freundes meint zu brechen, wenn er sich in Clara verliebt. Eddie, ein GI aus Brooklyn, der sich bis über beide Ohren in Ruby verliebt hat.

Beurteilungstext

Die Leser werden den Titel des Buches im ersten Moment nicht mit dem Zweiten Weltkrieg in Verbindung bringen. Die auf dem Cover abgebildete junge Frau hingegen lässt durch ihre Kleidung auf diese Zeit schließen. Sie sitzt in einer Bibliothek, hinter ihr reihen sich die Bücherregale aneinander. Ihr Blick schweift in die Ferne. Das Cover ist sehr ansprechend. Der Klappentext vermittelt den Lesern eine sehr gute Zusammenfassung des Inhaltes.
Die Einleitung befindet sich im Inneren des Bucheinbandes. Die Leser gleiten im wahrsten Sinn des Wortes hinab in das Leben von Clara und ihrer Freundin Ruby. Die Geschichte basiert auf einer wahren Begebenheit. Den Vermerk findet der Leser am Ende des Klappentextes. Die Autorin sprach mit Zeitzeugen, Bibliothekaren/innen sowie Geschichtsprofessoren, um genauere Einblicke in die Zeit zu erhalten. Kate Thompson selbst wird in einigen kurzen Sätzen ebenfalls im Inneren des Einbandes vorgestellt.
Zu Beginn eines jeden Kapitels ist ein Zitat zum Thema „Bücher“ vornan gestellt. Diese stammen von Bibliothekar/innen, Dozenten und Professoren. Die Botschaften darin sind sehr vielfältig. Bücher spenden Trost, machen Menschen glücklich, lassen Freundschaften entstehen, sind gute Ratgeber… Bibliothekar/innen sind wie ihre Leihexemplare – Kummerkasten, Glücksbringer, Ratgeber, Freund/in…
Die beiden Hauptprotagonistinnen Clara Button und Ruby Monroe sind diese besondere Art von Menschen. Clara- die Bibliothekarin, Ruby ihre Bibliotheksgehilfin. Kate Thompson hat beiden Frauen Charaktere zugeschrieben, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Clara ist hilfsbereit und einfühlsam. Ruby dagegen eher der rebellische und kesse Typ. Beide sind beste Freundinnen. Und sie sind Tag für Tag in ihrer geliebten Bibliothek, um den Menschen ihre Last ein wenig zu nehmen.
Die Autorin überschreibt jedes Kapitel im Wechsel mit den Namen ihrer Hauptprotagonistinnen. Damit hat die Leserschaft die Möglichkeit Claras und Rubys Leben im Einzelnen zu betrachten. Die Geschichte wirkt durch diese Art von Schreibstil sehr lebendig und kurzweilig. Und die bildhafte Darstellung der Autorin lässt die Leser von Beginn an Teil ihrer Geschichte werden.
Kate Thompson führt die Leser/innen zu Beginn ihrer Geschichte hinab in den U-Bahn-Tunnel ins Jahr 2020. Die 88jährige Beatty, begleitet von ihren beiden erwachsenen Töchtern Miranda und Rosemary, trifft sich mit Angestellten der Verkehrsbetriebe. Der Grund – ihre alten Briefe aus der kleinen Bibliothek in der damals stillgelegten U-Bahn-Station Bethnal Green, die bei Bauarbeiten hinter einer Fliesenwand gefunden wurden. Beatty und ihre jüngere Schwester Marie lebten damals an diesem Ort. Die beiden Töchter möchten mehr darüber wissen. Und so schafft die Autorin einen sehr gelungenen Einstieg in die Vergangenheit.
Kate Thompson überträgt die Probleme und Schwierigkeiten der Zeit auf ihre Hauptprotagonistinnen. Frauen haben es in dieser Zeit noch immer sehr schwer. Hinzu kommt noch das Kriegsgeschehen um sie herum. Claras Vorgesetzter Mr. Pinkerton-Smythe sieht es gar nicht gern, dass Clara als Leiterin der Bibliothek eingesetzt wurde. Er lässt das durch Worte und Taten erkennen. Seiner Meinung nach gehören Frauen an den Herd. Gehorsamkeit ihrem Ehemann gegenüber. Clara verlor ihr ungeborenes Kind bei einem Bombeneinschlag. Ihr Ehemann beging während des Krieges Selbstmord. Für deren Tod machen ihre Mutter und ihre Schwiegermutter Clara verantwortlich. Dabei wäre es die Aufgabe einer Mutter gewesen, ihrer Tochter in dieser schweren Zeit beizustehen. Doch ihrer Meinung nach wäre all das nicht geschehen, wenn sie zu Hause geblieben wäre, anstatt ihrer Arbeit in der Bibliothek nachzugehen. Zum Selbstmord ihres Ehemannes wurde sie von beiden Frauen genötigt zu lügen. So ist er „im Krieg gefallen“.
Es ist den beiden Frauen wichtiger was über sie geredet wird. In einem der folgenden Kapitel beendet Claras Mutter die Beziehung zu ihrer Tochter. Und Clara erlebt diesen Moment als eine Art Befreiung. Die Autorin hat dieses Thema so emotional beschrieben, dass man als Leser/in Claras Erleichterung mitempfindet. Gemeinsam mit der Autorin schaut die Leserschaft in die Zukunft der beiden starken und bewundernswerten Frauen. Clara wird am Ende des Buches über alle Maßen glücklich sein. Es gibt da mindestens drei Personen, die sie ganz dringend brauchen. Und Clara braucht sie. Ruby schafft es durch ihre rebellische und kesse Art eine berühmte Person zu werden.
Ein wunderbar abwechslungsreiches, kurzweiliges und emotionales Buch, in dem Angst, Trauer, Unmut, Zorn, Wut und auch Hoffnung der vielen unschuldigen Menschen im Mittelpunkt stehen.

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Diese Rezension wurde verfasst von JacK; Landesstelle: Thüringen.
Veröffentlicht am 28.08.2023