Die Anarchie der Buchstaben

Autor*in
Goldi, de´
ISBN
978-3-551-56003-2
Übersetzer*in
Herzke, Ingo
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
O´Brein, Gregory
Seitenanzahl
150
Verlag
Carlsen
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2014
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
13,90 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der englische Originaltitel “The ACB With Honora Lee” weist auf die “anarchische” Entstehungsgeschichte eines Buches hin, in dem die neunjährige Perry ihre Erlebnisse im Altenheim Santa Lucia aufzeichnet. Dort lebt ihre demente Oma Honora Lee zusammen mit anderen alten Leuten, die ihr Gedächtnis verloren haben.
Es ist erst das zweite deutschsprachig erschienene Buch der neuseeländischen Jugendbuchpreisträgerin.

Beurteilungstext

Alle Bewohner haben irgendwelche Marotten. Perrys umtriebige, ruppige Oma stiehlt Pfefferminzbonbons, legt sich in fremde Betten, erinnert sich sporadisch an ihre Vergangenheit als Pädagogin und zelebriert auf originelle Weise Unterricht mit Zahlen und dem ABC. Das bringt Perry auf die Idee, über das Leben im Heim ein ABC - Buch anzufertigen. Leider regelt sich das nicht in der Reihenfolge des Alphabets, sondern anarchisch. Viele Anregungen erhält sie im direkten Gespräch mit Oma - Zungenbrecher, Redewendungen, Liedanfänge, Reime, Eselsbrücken, z. B. für das G:
“Greta Garbo geht mit glänzendem Goldschmuck zur Gala... Grapefriut gibt ganz gute Götterspeise...Gar nicht wird gar nicht zusammengeschrieben...” In diesem Zusammenhang ist besonders die Leistung des Übersetzers hervorzuheben. Er bewahrt ohne Stilbrüche die empathischen Darstellungsweise, die sprachlich hintergründige Dialogführung, die originellen Sprachschöpfungen.
Perrys Besuche im Altenheim an Donnerstagen werden dort zu einer einer “feste Größe”. Was passierte VORHER?
“Perry war das einzige Kind in ihrer Familie. Sie ging auf die Ernle Clark School, weil ihre Eltern sagten, das sei die beste Schule der Welt für jemanden wie sie... In Wirklichkeit forderte Perry von der Schule eine Menge, vor allem Antworten, auch wenn manche Lehrer wünschten, sie solle weniger fragen... Perrys Mutter glaubte, Kinder müssten immer beschäftigt werden. Sie brauchten jede Menge Aktivitäten... Es gab nur Perry und ihre Eltern und eine Woche nach der anderen war randvoll mit außerschulischen Aktivitäten.” (S. 9/10) Das Mädchen absolviert an einzelnen Wochentagen Förderunterricht, Musikunterricht in Klavier und Klarinette, einen für Kurs Tanz und Bewegung, sonnabends für 40 Minuten mit Papa Besuch bei Oma, sonntags Brunch , das lief unter “Familienzeit”.
Perry aber will “lieber Tiere, statt Piano”, kennt die Namen aller Blumen, malt gern und ist heilfroh, als ihr Kurs am Donnerstag aufgekündigt wird und die Eltern den Besuchen bei Oma zustimmen.
Die Geschichte über die 9-jährigen Perry ist kein Kinderbuch und kein Jugendbuch im engeren Sinne. In verschlüsselt betitelten 40 Kurzkapiteln verknüpft die Autorin erzähltechnisch ausgewählte Probleme heutiger Eltern im Umgang mit Kindern und Großeltern. Sie erzwingt damit Lesepausen, will zum Nachdenken anregen. Auseinandersetzen muss sich der Leser auch mit einer Rahmenhandlung. VORHER - Auf dem Weg zu Oma sammelt Perry sterbende Hummeln ein. SPÄTER - Nachdem das ACB - buch fertiggestellt ist, beerdigt sie diese.
Die Illustrationen, wie zufällig eingestreut in jedes Kapitel, laden ebenfalss zum Entschlüsseln ein. Es sind zartfarbig untersetzte schwarzstrichige Federzeichnungen auf weißem Grund , die mit Buchstaben und geometrischen Figurenspielen und auf den den ersten Blick scheinbar nur dekorativ Charakter haben. Bei genauerem Hinsehen erzählen sie auf verfremdende Art die Geschichte mit und weiter.





Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Kra.
Veröffentlicht am 01.01.2010