Der Zaun

Autor*in
Telser, Dietmar
ISBN
978-3-222-13526-2
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
175
Verlag
Styriabooks
Gattung
Ort
Wien
Jahr
2016
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
24,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die Flüchtlingsfrage ist nicht neu und die Zahl derer, die in Europa auf ein besseres Leben hoffen, versuchen dies nicht erst seit 2015. Der Journalist und Autor reiste bereits 2014 entlang der Grenzen Europas. Schon damals wurden Zäune gebaut, um die Menschen zu stoppen. Schon damals wurden Verantwortlichkeiten hin- und hergeschoben. Viel geändert hat sich, abgesehen von der kurzen Willkommenspolitik und der kurzen Zeit des Durchwinkens nicht. Dieses Buch ist aktualisiert und verdeutlicht durch den Blick in die kurze Historie und die Zusammenschau die Situation der Flüchtlinge sowie die Reaktionen der Politik und der Organisationen.

Beurteilungstext

Bulgarien, Griechenland, die Türkei, Italien, Tunesien und Marokko waren die Länder, an deren Grenzen der Autor 2014 mit Flüchtlingen, Helfern, Mitgliedern bekannter Organisationen wie Amnesty, Frontex, UNCHR, Ärzte ohne Grenzen u.a. Grenzschützern und Menschen aus der Kommunalpolitik sprach. Niemanden lässt die Situation an den Grenzen unberührt. Es zeigen sich Empathie und Abwehrreaktionen.

Neben den Fakten werden Einzelschicksale vorgestellt. Wie lebt es sich weiter als einziger Überlebender eines Schlauchbootes? Wie fühlen sich Retter angesichts der vielen Toten, die zu bergen und möglichst auch zu identifizieren sind? Wie fühlen sich Menschen, deren Hoffnungen sich in nichts auflösen? Warum setzen sich Menschen der Lebensgefahr aus und begeben sie sich in die Hände skrupelloser Krimineller? Wie funktioniert der Geldtransfer? Was macht das schier endlose Warten mit Menschen und ihren Träumen? Wie erträgt man ein Leben in dieser "Zwischenwelt"? Ob alles, was erzählt wird, stimmt, kann selten nachgeprüft werden.

Was machen Zäune mit Menschen? "Es ist ein politisches Spiel", sagt einer der Grenzbeamten. Andere nennen es die Scheinheiligkeit europäischer Politik.
Durch die Berichte wird deutlich: Das Dublin-Abkommen, der "erste Verteidigungsring", griff bereits 2014 nicht. Die Zäune führten dazu, dass sich Routen änderten. Die besonders Schutzbedürftigen trifft es besonders. Internationales Recht wird ignoriert, bewusst ausgehebelt oder sehr eigenwillig interpretiert. Schlepper und andere Profiteure haben Hochkonjunktur.
Nun wird der Grenzschutz in die Transitländer außerhalb Europas ausgelagert. Verlierer sind die Armen - die Länder an den Außengrenzen, die von den anderen europäischen Staaten im Stich gelassen werden, die als Verteidigungsring degradiert werden. Verlierer sind die mittellosen Flüchtlinge. Legale Wege in die Sicherheit Europas gibt es kaum.

Deutlich wird auch dies: Es gibt keine einfachen Lösungen. Es gibt kaum Hilfe vor Ort, um Fluchtursachen zu minimieren. Es gibt keine Solidarität. Zäune als Wettrüsten gegen Migranten werden die Probleme nicht lösen. So bleibt auch beim Leser ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit.

Ein kurzer historischer Rückblick zeigt, dass Flüchtlinge nie gerne Aufnahme fanden, man denke nur an die deutschen Juden, die vergeblich eine neue Heimat suchten.
Zahlreiche Fotos belegen die Aussagen im Text. Ergänzt wird das Buch durch umfangreiche Quellenangaben.
Fazit: Das Buch beruht auf der mehrfach preisgekrönten Multimedia-Dokumentation "Der Zaun", die in Zusammenarbeit mit der Süddeutschen Zeitung entstand.
Alles, was geschrieben ist, ist nicht neu, aber die Zusammenschau verdeutlicht die Vielschichtigkeit der Probleme und die doch recht unglückliche Rolle der europäischen Politik und letztlich auch der Weltpolitik.

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Diese Rezension wurde verfasst von Fee; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 01.07.2016