Der weiße Wal erzählt seine Geschichte

Autor*in
Sepúlveda, Luis
ISBN
978-3-7373-5742-5
Übersetzer*in
Zurbrüggen, Willi
Ori. Sprache
Spanisch
Illustrator*in
Mulazzani, Simona
Seitenanzahl
90
Verlag
FISCHER KJB Sauerländer Duden
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Frankfurt am Main
Jahr
2020
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Moby Dick ist nicht nur der Schrecken der Meere, sondern auch der Schrecken der Pflichtlektüre. Über 1000 Seiten Walfang – kann das auch in 90 Seiten und für Kinder gehen?

Beurteilungstext

Luis Sepúlveda hat ein Kinderbuch geschrieben, in dem er den weißen Wal seine Geschichte erzählen lässt. Konsequent aus seiner Perspektive berichtet er von den Erlebnissen der Wale mit den Menschen. Er beobachtet ihre Grausamkeit, zunächst gegen sich selbst und dann auch gegen die Wale. Und er erzählt von seiner Aufgabe. Der weiße Wal ist der Beschützer der letzten Reise der Lafkenche, einem indigenen Volk an der Küste Chiles, die als Teil der Mapuche den spanischen Eindringlingen lange Widerstand leisteten. Ihre letzte Reise soll sie über das Meer an einen besseren Ort führen. Dabei werden sie von vier weisen Wesen geführt, die als alte Frauen unter den Menschen leben, aber auch als alte Wale die Toten der Lapuche auf eine sichere Insel bringen, um sie dann später von dort zu ihrer großen Reise abzuholen. Diesen Weg und diese Frauen zu beschützen ist der Auftrag des weißen Pottwals. Als er aber eines Tages nicht verhindern kann, dass eine Walmutter und ihr Kind von den Walfängern gefangen und getötet werden, will er das Treiben der Menschen nicht mehr hinnehmen. Er greift das Schiff an und legt so den Grundstein für seinen Ruf als grausamer Wal Mocha Dick. So nimmt eine große Jagd ihren Lauf, der am Ende des Buches die vier alten Wale zum Opfer fallen. Mocha Dick entkommt den Walfängern wiederum und wird nun durch nichts mehr gehalten. Er macht sich auf, so viele Walfänger wie möglich zu vernichten, denn er ist „die Macht derer, die nichts mehr zu verlieren haben. […] die Gerechtigkeit der Meere.“
Das Buch ist sehr märchenhaft geschrieben. Die deutsche Übersetzung aus dem Spanischen verwendet eine melodische Sprache, die sich klar von der Alltagssprache abhebt, und etwas fast schon Archaisches heraufbeschwört. Dies kann irritieren, doch irgendwie passt es auch zu der Geschichte, die von einem Wesen erzählt wird, welches hier stellvertretend für alle Wale steht. Gelungen ist die Verflechtung von fantastischen und realistischen Elementen. Wird zu Beginn und Ende des Buches ein klarer realistischer Rahmen gesetzt, verschwimmen in der Geschichte des Wals beide Welten miteinander. Recherchiert man ein wenig, erfährt man Einiges zu Mocha Dick und den Lafkenche, doch der Autor schließt die Lücken mit märchenhaften Elementen und Ideen. Die Sichtweise des Wals zu wählen, kann man als gelungenes Experiment bezeichnen. Natürlich bleiben dabei Brüche nicht aus, aber besonders die Verständigung der Wale durch die Augen und das Wahrnehmen und Teilen der Gefühle berühren die Leser*innen sicher auf ganz besondere Weise. Schwierig ist jedoch die dargestellte Grausamkeit. Natürlich kann man sagen, dass der Autor nur das darstellt, was auf den Walfängerschiffen auch tatsächlich passiert ist, trotzdem entstehen daraus extrem schreckliche Szenen, die sicher nicht für alle kindlichen Leser*innen geeignet sind. Der bereits erwähnte Märchencharakter des Buches bietet allerdings einen guten Rahmen für diese Teile der Geschichte, denn zu jedem Märchen gehört nun auch einmal das Böse, das auf diese Weise aber weiter von den Leser*innen entfernt scheint. Durch den Rahmen und das traurige Ende bleibt das Buch aber kein Märchen, sondern schafft es, seine Leser*innen wirklich zu berühren und zu einem Nachdenken über das Verhältnis der Menschen zu ihrer Umwelt zu bewegen.
Elisabeth de Boor

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von edb; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 02.01.2021

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