Der Untertan

Autor*in
Mann, Heinrich
ISBN
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
Verlag
Der Hörverlag
Gattung
Ort
München
Jahr
2014
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
34,99 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Vom unterwürfigen Schüler und Studenten schafft es Diederich Heßling zum angesehen Papierfabrikanten. Getrieben von Machtgier scheut er nicht vor politischen Intrigen und der Verbrüderung mit den eigentlich verhassten Sozialdemokraten zurück. Trotz der vielen Charakterschwächen erreicht Heßling auf diese Weise sogar das Amt des Generaldirektors und sichert sich die Anerkennung des Kaisers.

Beurteilungstext

Diederich Heßling wird als Sohn eines Papierfabrikanten in Netzig geboren. Obwohl er von Anfang an ein furchtbarer Feigling ist, zeigt sich schon früh seine Bewunderung der Macht. Dementsprechend verrät er regelmäßig seine eigenen Vergehen an den Vater, wohl wissend, dass dieser ihn dafür verprügeln wird. Trotz der Schläge liebt er seinen Vater-nicht nur, weil man das eben so tut, sondern auch, da er auf diese Weise an dessen Macht teilhaben kann. Ganz anders verhält es sich mit der Mutter, die er für zu „weich“ erachtet. Immer wieder erpresst er sie mit ihren Vergehen und droht an, sie beim Vater zu verpetzten. Grund dafür ist seine Ansicht, dass ihre Weichheit unterdrückt werden müsse. Auch später zeigt sich Diederichs kompromisslose Bewunderung der Macht, die ihn anderen Menschen gegenüber unsozial handeln lässt: In der Schule verpetzt er seine Mitschüler und im Elternhaus zwingt er seine Schwestern zusätzliche Fehler in ihre Diktate einzufügen-nur um sie im Anschluss bestrafen zu können. Dieses Handeln lässt ihn in einen Machtrausch verfallen.
Nach der Schule schicken seine Eltern den jungen Diederich zum Chemiestudium nach Berlin. Ähnlich wie in seinem Heimatort zeigt sich dort die Feigheit des jungen Mannes, der sich kaum aus seiner Wohnung traut. Es kostet ihn extreme Überwindung einen Bekannten seines Vaters, Göppel, aufzusuchen. Besonders in Schrecken versetzt ihn der Umgang mit dessen Tochter Agnes und ihrem Verehrer, der nicht davor zurückschreckt Diederich mit allen Mitteln vor dem hübschen Mädchen zu demütigen.
Obwohl der junge Heßling nach den Ferien eigentlich an eine kleinere Universität wechseln wollte, kehrt er zurück nach Berlin. Da er mit seinen dortigen Abenteuern vor seinem alten Bekannten Horn angegeben hatte, kann er die Stadt, in die dieser Bekannte nun ebenfalls ziehen will, nicht verlassen ohne das Auffliegen seiner Prahlerei zu riskieren. Über eben diesen Horn gelangt Diederich in die Kreise der Studentenkörperschaft „Neutotonia“. Der junge Mann wird Mitglied und geht, dank der geregelten Abläufe, die ihm inneren Frieden bescheren, völlig in dieser Gemeinschaft auf. Die Körperschaft nimmt somit eine prägende Rolle für Heßlings weiteres Leben ein. Sogar für seine erste Liebesaffäre mit Agnes Göppel erhält er den Mut.
Erst nach der Promotion kehrt Diederich Heßling in seinen Heimatort Netzig zurück, um die Leitung der Papierfabrik seines Vaters zu übernehmen. Durch die Prägung der nationalgesinnten Studentenkörperschaft will der neue Fabrikbesitzer streng gegen die Sozialdemokraten unter seinen Angestellten vorgehen. Als ihm jedoch gerade der Funktionär der Sozialdemokraten Hilfe bei der Karriere als Stadtrat anbietet, verbündet sich Diederich ohne zu zögern mit diesem. Das Bestreben nach Macht steht für ihn noch immer über jeder Überzeugung. Durch die Heirat mit der wohlhabenden Guste Daimchen sowie diverse politische Intrigen steigt Diederich Heßling rasant über das Amt des Stadtverordneten zum Generaldirektor auf. Es gelingt ihm sogar die einflussreiche Familie Buck und ihren Einfluss durch die 48-Revolution zu übertrumpfen.
Das Hörbuch „Der Untertan“ beinhaltet auf seinen 13 CDs den kompletten Roman des deutschen Schriftstellers und älteren Bruder Thomas Manns. Insgesamt umfasst das Hörbuch somit eine Laufzeit von rund 16 Stunden. Um den Wiedereinstieg nach einer Unterbrechung zu erleichtern ist jede CD im Abstand von fünf bis sechs Minuten zusätzlich in Tracks unterteilt. Auf diese Weise kann zu praktisch jedem Zeitpunkt unterbrochen und später fortgesetzt werden.
Ein besonderes Highlight des Hörbuch ist, dass der Schauspieler und Synchronsprecher Hans Korte als Sprecher gewonnen werden konnte. Dank seiner Berufserfahrung ließt er mit kräftiger Stimme und spricht zudem extrem verständlich, sodass ein Folgen der Handlung zu jedem Zeitpunkt problemlos möglich ist. Außerdem schafft Hans Korte es Diederich Heßling, seinen Gedanken und Worten Leben zu verleihen indem er gekonnt Betonungen setzt und gelegentlich die Stimme an die Situation anpasst. Dabei unterstreicht er, dank des Verzichts auf übertriebene Effekthascherei oder extreme Stimmveränderung, das Niveau des Romans. Langweiliges und monotones Ablesen: Fehlanzeige!!! Auf diese Weise ist auch das Zuhören über den langen Zeitraum von 16 Stunden möglich.
Ähnlich wie bei der Umsetzung des Romans durch den Sprecher zeigt auch die äußere Gestaltung des Hörbuchs, dass Weniger oft Mehr ist. Der Aufbewahrungskasten aus stabiler Pappe ist in Beige gehalten und zeigt einen politische Persönlichkeit, vermutlich Diederich Heßling, während einer Rede und in deutlich autoritärer Pose. Im Hintergrund ragt der Schatten der Reiterstatue von Wilhelm dem Ersten auf, die die Hauptfigur gegen Ende des Romans einweihen soll. Über der Zeichnung prangen der Titel und, farbig abgesetzt, der Name des Autors. Das gesamte Cover ist bis auf wenige Ausnahmen schlicht in Grau- und Brauntönen gehalten. Besonders schön ist, dass das Cover sofort den Inhalt des Hörbuches/Romans erahnen lässt. In dem beigelegten Heft erhält der Zuhörer nicht nur kurze Informationen über Heinrich Mann, Hans Korte und die Laufzeit der einzelnen CDs, sondern findet dort auch den kompletten Aufsatz, den Kurt Tucholsky im Jahr 1919 zu dem Werk „Der Untertan“ verfasste. Für Interessierte dürfte dieser Aufsatz ein weiteres Highlight darstellen.
Im Bezug auf den Roman selbst ist jedoch fraglich, ob er das Interesse von Jugendlichen trifft. Obwohl genial vorgelesen, dürfte die inhaltliche Thematik nicht jeden Geschmack treffen. Aufgrund der Länge und des komplexen Inhalts ist es zudem nur für ältere Jugendliche und Erwachsenen empfehlenswert, die einen Roman der klassischen Literatur mal auf eine andere Weise erleben wollen. Eine Liebe zum Hörbuch-Hören sollte zudem auch vorhanden sein.

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Diese Rezension wurde verfasst von ThL- unibi.
Veröffentlicht am 01.01.2010