Der Tag, an dem St. Martin kam
- Autor*in
- SOMMERSBERG, JULE
- ISBN
- 978-3-522-30059-9
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- Reichel, Anja
- Seitenanzahl
- 144
- Verlag
- Thienemann
- Gattung
- –
- Ort
- Stuttgart
- Jahr
- 2004
- Preis
- 9,90 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Lucas Eltern sind über das Wochenende verreist und seine große Schwester Julia passt auf ihn auf. Da gibt es dauernd Zoff - und das ausgerechnet am St.-Martinstag. Als plötzlich ein klitzekleiner St. Martin mit Pferd auf dem Flur steht, wird es chaotisch, denn dieser kleine Ritter will, dass Luca ihm nacheifert und den Armen hilft. Doch keiner will Lucas Hilfe. Als Luca sich aber sogar mit Julia verträgt, ist am Ende Martins Aufgabe erfüllt und er kann in sein Buch zurückkehren.
Beurteilungstext
Einen “Indianer im Küchenschrank” hat es schon gegeben und viele Kinderbücher beschäftigen sich mit lebendig werdendem Spielzeug. Dieser Ansatz findet sich auch hier und nimmt den häufigsten Verlauf: In einer Krisensituation taucht die helfende Figur auf, erfüllt ihre Aufgabe - und am Schluss weiß keiner, war es geträumt oder Realität? Insofern ist das Grundmuster dieses Buches nicht wirklich neu.
Doch die Umsetzung der Idee ist kreativ, amüsant und zu eigenem Weiterdenken und -Handeln animierend. Zunächst einmal lenkt dieser kleine Ritter das Augenmerk der Leser auf die heutigen Formen der Armut und Vereinsamung, die sich von denen der späten Römerzeit schon unterscheiden. Mit einem verschenkten Pullover ist es da nicht getan. Das Buch beantwortet dabei keine Fragen, sondern stellt sie nur laut und vernehmlich und fordert zum Nachdenken und möglichst auch Eingreifen auf. Das wird die angepeilte Zielgruppe des ersten Lesealters wohl eher überfordern, doch Nachdenken schadet in keinem Alter.
Interessant sind darüber hinaus auch die Kommentare des “Zeitgenossen” über die Bedingungen und Umstände seiner “Lebenszeit”, die in der Legende oftmals verklärt oder verfälscht werden. Solche Korrekturen sind sinnvoll und stillen das Bedürfnis der Altersgruppe nach einfachen geschichtlichen Informationen. Schön ist, dass diese eher sachbezogenen Details in eine gut gestrickte und flüssig und selbstverständlich erzählte Geschichte verpackt sind, die durch eine einfache, alltägliche Sprache und leichte Verständlichkeit besticht. Denn man muss als Leser nicht die “Hintergründe” heranziehen, um Spaß an diesem Buch zu haben, es besteht auch als rein unterhaltende Erzählung. Passend dazu die tuschegezeichneten Illustrationen: Fast “echten” Kinderzeichnungen ähnelnd, stellen sie in Momentaufnahmen zusätzliches Anschauungsmaterial für die eigene Fantasie bereit. Das ist nicht wirklich notwendig, denn die Schilderungen sind plastisch genug, aber vielen Kindern fällt eine bildgestützte Vorstellung leichter. Überhaupt ist leichtes “Bei-der-Stange-Bleiben” ein Anliegen des Buches, kurze Kapitel und (an Kästner erinnernde) “Anreißer”-Überschriften unterstützen die Lesegewohnheiten vieler Kinder.
Ein hübscher und “unkirchlicher” Ansatz zu einem religiösen Thema.