Der Sohn des Ursars

Autor*in
Petit, Xavier-Laurent
ISBN
978-3-95728-538-6
Übersetzer*in
Schneider, Désirée
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
240
Verlag
Knesebeck
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2022
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
KlassenlektüreBücherei
Preis
15,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die Ursari leben als Bärenbändiger. Sie sind frei, unabhängig und stolz - aber nirgendwo gern gesehen. Als die Familie Ciprians in die Fänge von Schleppern gerät, ändert sich alles für die Familie.

Beurteilungstext

Ciprian ist der Sohn einer Romafamilie. Bisher hat die Familie in Osteuropa davon ge- und überlebt, dass sie sich durch "Ausleihen" = Stehlen oder durch Kampfvorführungen mit einem Bären ihren Lebensunterhalt verdient haben. Keiner aus der Familie kann lesen oder schreiben, nirgendwo sind sie willkommen. Und so geraten sie in die Fänge einer Schlepperbande, die ihnen ein reiches Leben in Frankreich verspricht. Sie landen in den Banlieues, armseligen Vororten von Paris, in einem Bretterverschlag. Aber so sehr sie sich auch anstrengen - aus dem Kreislauf der finanziellen Abhängigkeit der Schlepper kommen sie nicht heraus. Und als Ciprian im Park gebannt einem Schach spielenden Pärchen zusieht, dabei seine "Arbeit", dem Stehlen und Beschaffen von Geld, vernachlässigt, eskaliert die Situation.

Petit hat die Geschichte ausgesprochen einfühlsam aus Ciprians Ich-Perspektive erzählt. Dieses Kind, das in den Pariser Banlieues unter armseligsten Verhältnissen haust, ist ein schlaues Kind. Aber Schulbildung ist für diese Menschen nicht üblich. Und so hat Ciprian Glück, als er Bekanntschaft mit dem ehemaligen Polizeipräfekten und dessen Schachpartnerin macht. Die erkennen sein Potential, unterstützen und helfen ihm. Ebenso bewahren sie ihn und seine Familie vor einer drohenden Abschiebung.

Klar wird auch, dass, wie so oft, Herkunft und Familie darüber entscheiden, was man in einer Gesellschaft wert ist. Dieses Buch ist geeignet, seine eigenen Vorurteile bestimmten Bevölkerungsgruppen gegenüber zu überdenken und Menschen, die anders leben als man selbst, wertfrei zu betrachten. Nicht immer ist etwas so, wie es auf den ersten Blick scheint. Manchmal sind es besondere Umstände, die verantwortlich für das Leben sind, das jemand führt. Das Privileg, behütet und umsorgt aufwachsen und leben zu können, als glücklichen Umstand zu erkennen und dankbar dafür zu sein, ist die Grundvoraussetzung für ein Leben in Freiheit und Sorglosigkeit. Und in der alle Menschen wirklich gleich sind - unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder sonstigen Dingen. Ein gelungenes Buch, um die Adressatengruppe zum Nach- und Überdenken eigenen Handelns anzuregen.

Anmerkung

Xavier-Laurent Petit hat für dieses Buch 2018 den Prix des lycéens allemands erhalten.

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Diese Rezension wurde verfasst von JuS; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 13.08.2022