Der Schatten des Golem

Autor*in
ISBN
978-3-95728-046-6
Übersetzer*in
Kootz, Anja
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Lacombe, Benjamin
Seitenanzahl
184
Verlag
Knesebeck
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2017
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Fachliteratur
Preis
24,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Als die Religion, die Alchemie und die Astrologie noch halfen, wurde auch die erste menschliche Maschine erschaffen. Der Golem gehorcht nur seinem Schöpfer, denn er hat keine Intelligenz und kennt keine Gefühle. Der Golem kann schützen, aber leben, denken, handeln muss doch der Mensch.

Beurteilungstext

Die Geschichte balanciert zwischen historischer Erzählung und Fantastik, Philosophie und Wissenschaft, Religion mit Verständnis und Hass, Scharlatanerie und Heilkunde, Astronomie und Astrologie.
Wir befinden uns im 17. Jahrhundert in Prag. Man lebt in diversen Gettos, die Erzählerin Zelmira lebt als Mittelkind bei ihren Eltern in der Alchemistengasse. Ihr Vater Salibor versucht Blei in Gold zu verwandeln, ihre Mutter Bozidera mixt Heilseren aus Kräutern, Pillen, Insekten, Krötenschleim, Eidechsen, Mondsaft und Schlangenhaut und ähnlichen Ingredenzien. Mehr durch Zufall gerät Zelmira in die Judengasse und dort in das Haus des Rabbi Löw - einer historisch belegten Person. Sein Verhalten ist ohne Fehl und Tadel, denn das sei die Voraussetzung, mithilfe der vier Elemente ein Wesen zu erschaffen, das ausschließlich ihm zu Willen ist. Die vermenschlichte Maschine nennt er Joseph, ein Golem (= Embryo / Wesen ohne eigene Intelligenz), dient ausschließlich dem Schutz der Juden, vor allem vor dem aufstachelnden Hass des Bruder Thaddäus, der eine nicht unbedeutende Stellung am Hof des Kaisers Rudolf in Prag hat.
Man muss sich leider erst für einige Seiten auf die Geschichte einlassen, bevor man sie genießen kann. Das sind Anspielungen wie "emeth" (= Wahrheit) und "meth" (=Tod) auf der Stirn des Golem. Oder: Maschine plus Sprache plus Bewusstsein seien die Voraussetzungen für die freie Wahl zwischen Gut und Böse. Oder gegen Ende ein Hinweis auf das Heute: Der Name "Golem" beginnt mit "Go...."
Es sind 13 Kapitel, die je deutlich beginnen und den Inhalt übertiteln, sowie ein Vorwort, Epilog, Glossar, Historische Daten und die Biografien der Autorin und des Illustrators. Der hat viel Platz für seine Illustrationen, zeichnet sie mit Hintergrund oder auch isoliert stehende Personen. Sie sind skizziert oder voll ausgestaltet, sehr exakt oder eher diffus. Besonders das junge Mädchen erhält bei Lacombe diese lolitahafte Ausgestaltung mit dem langen blonden Haar und den übertriebenen weiten Augen, die so unschuldig und zugleich neugierig in die Welt schauen.

Ganz sicher haben weder die Autorin noch der Illustrator sich Gedanken darüber gemacht, wer dieses Buch kaufen, lesen und anschauen soll. Grundschulkinder werden gar keinen Zugang haben, denn der historische Hintergrund ist viel zu kompliziert, um ihn einordnen zu können in die Geschichte. Historische Kenntnisse sind wünschenswert, religionskundliche ebenfalls. Das Vorwort kann man erst würdigen, wenn man es zum Schluss noch einmal liest.
Ein tolles Buch mit ganz vielen philosophischen Ansätzen und zumeist sehr beeindruckenden Illustrationen, dessen Erzählweise allerdings ein gehöriges Maß an Vorwissen verlangt, damit man - auch den Spannungsbogen - richtig verstehen und dann auch genießen kann.

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Diese Rezension wurde verfasst von uhb.
Veröffentlicht am 01.07.2017