Der Sandmann

Autor*in
Kindermann, AnnaHoffmann, E.T.A.
ISBN
978-3-949276-03-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Wünsch, Dorota
Seitenanzahl
44
Verlag
Kindermann
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Frankfurt am Main
Jahr
2022
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
18,50 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Nathanael ist ein aufgeweckter Junge, allerdings erzählt die Mutter den Kindern die Geschichte vom Sandmann. Er hört ihn auch noch durch das Haus laufen, dem muss er nachgehen.

Beurteilungstext

Der Sandmann war in den Erzählungen ein Mann, der den Kindern Sand in die Augen streut, damit sie schlafen, und damit er den Kindern die Augen entreißen kann, um sie seinen eigenen Kindern auf dem Mond zu essen zu geben. Nathanael ist sehr verängstigt, er hört immer Schritte im Haus, und das kann ja nur der Sandmann sein. Eines Tage schleicht er sich ins Zimmer seines Vaters und sieht, wie die beiden Männer alchemistische Versuche unternehmen. Der wundersame Mann, er sieht gefährlich aus, heißt Coppelius. Als er später als Student meint, in einem Straßenverkäufer diesem Mann wieder zu begegnen, kehrt die Angst zurück, denn damals im Elternhaus gab es eines Abends eine Explosion, und der Vater war tot. Der Straßenverkäufer heißt Coppola und sieht genauso aus wie der Sandmann aus seiner Kindheit. Weitere merkwürdige Ereignisse verwirren den jungen Mann. Die schöne Olimpia, Tochter seines Professors, in die er sich unsterblich verliebt, obwohl daheim seine Verlobte Clara auf ihn wartet, stellt sich als ein Räderwerk heraus, das bei einem Streit zwischen dem Professor und Coppola zerbricht. Nun verfällt Nathanael dem Wahnsinn. Er ist betrübt, und kommt erst zu Hause bei seiner Verlobten wieder zu Verstand. Dieser Zustand währt allerdings nicht lange, am Ende springt er von einem Turm in den Tod.
E.T.A. Hoffmanns Kunstmärchen der Schwarzen Romantik erschien im Jahre 1816 zum ersten Mal. Die Schwarze Romantik zeichnete sich durch irrationale, melancholische Züge aus, die zum Wahnsinn führen. Die schaurigen, dämonischen, satanischen Charaktere des Sandmanns werden durch die Illustrationen noch einmal ganz besonders ins Bild gesetzt. Opulente Größe, gefährliche Zähne, verschmitztes Lachen und eine sehr lange, sehr spitze Nase zeichnen das Ungeheuer aus. Da kann man schon Angst bekommen. Beim Lesen fragt man sich allerdings, warum ein junger Mann eine Puppe für einen echten Menschen halten kann, obwohl ihre Hände kalt sind und er immerhin neben ihr sitzt. Es wird uns nicht erklärt, und so können wir uns nur wundern. Der arme Nathanael will erst im Wahnsinn seine Verlobte in den Tod stürzen, was ihm aber nicht gelingt, dann springt er selber in den Tod. Eine recht schaurige Geschichte, die nicht so einfach nachzuvollziehen ist. Aber die gute Clara ist doch noch glücklich geworden, hat einen anständigen Mann gefunden und kann auch nach all dem Unglück ein Kind vorweisen. E.T.A. Hoffmann hat hier alle Register der Schwarzen Romantik gezogen und viele Deutungsmöglichkeiten der Geschichte ermöglicht.
Anna Kindermann erzählt Hoffmanns Erzählung sehr anschaulich und gekonnt für jüngere Leserinnen und Leser. Wir tauchen ein in ein anderes Jahrhundert, wo es noch merkwürdige Gestalten gab, die mache Explosionen und manches Wunder hervorgebracht haben. Die Kindheitserinnerungen unseres Protagonisten lassen uns etwas erschaudern, zum Beispiel das Augenmotiv, das Feuermotiv oder der Kampf zwischen Mensch und Maschine, ein zentrales Thema in Hoffmanns Erzählung. Diese Neuerzählung von Anna Kindermann ist wunderbar gelungen, genauso die Illustrationen, die ein wenig schaurig und gewaltig sind.
Die Geschichte vom Sandmann wird heute ja etwas anders erzählt, da werden die Augen nicht herausgerissen, sondern nur mit Sand bestreut, damit die Kinder endlich schlafen können. Wird es heute überhaupt noch erzählt? In meiner Kindheit wusste ich genau, wo der Sandmann wohnt: Gleich gegenüber im Dachgeschoss.

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Diese Rezension wurde verfasst von wb; Landesstelle: Bremen.
Veröffentlicht am 15.03.2022