Der Rabe auf dem Meilenstein Balladen und Erzählgedichte

Autor*in
(Hg), Schönfeldt
ISBN
978-3-86429-220-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Glasauer, Willi
Seitenanzahl
221
Verlag
Tulipan
Gattung
Ort
München
Jahr
2015
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
26,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

94 zumeist erzählende Gedichte, gereimt und mit Spannung oder Humor versehen, sind hier versammelt. Dazu gehören vor allem viele ""Klassiker"", die die Eltern (vielleicht) aus ihrer Schulzeit kennen oder die Großeltern noch auswendig lernten (lernen mussten). Die meisten Autoren sind (längst) verstorben, nur zwei der 65 sind weiblich. Aber nicht allein die sehr tollen Bilder von Willi Glasauer machen das Buch ‚lesens'wert.

Beurteilungstext

Die Schulen und die Schulpolitik tun sich schwer damit, ob es einen Literaturkanon geben soll und - wenn ja - wie dieser aussehen könnte. Die Lyrik kommt auch in dieser Diskussion oft zu kurz, falls man sie überhaupt gleichberechtigt mit der Dramatik und der Epik sehen mag. Die hier vorliegenden ""Balladen und Erzählgedichte"" geben hier einen bestimmt sehr gelungenen Ausgleich.
Der Verlag hat das Buch aufwendig gestaltet: Goldschrift auf bordeauxrotem Leinenrücken, die Texte sind ein-, selten zweispaltig gedruckt mit doppeltem Zeilenabstand - richtig viel Platz für richtig gute Gedichte. Die Titel zu Beginn und der Autor (die Autorin) sind in der Farbe des Buchrückens und die des Vorsatzpapieres gedruckt. All das bietet eine schöne Einheit, die man vielleicht mit dem vielfältigen Anhang (Inhaltsverzeichnis / alphabetisch nach dem Titel sortiert / Quellenverzeichnis / 5-seitiges Verzeichnis der Autoren mit kurzen Annotationen) zusammen loben kann.
Vielleicht zu bemängeln ist, dass es keine Art von Strukturierung gibt, keine Kapitel, keine Sortierung, kein Kommentar (von einem Vorwort abgesehen).

Der Illustrator Willi Glasauer, der für seine feinen schwarzen Striche auf oder unter der Färbung seiner Bilder bekannt ist (eine Leselupe schafft hier mehrfach eine erstaunliche Würdigung seiner Arbeiten), beginnt seine Arbeit als Reminiszenz an den Verlag auf dem Schmutztitel: Er zeichnet einen Maler, der eine gelb-rote, deutlich größere Tulpe als er selbst ist, zeichnet. Im Buch selbst illustriert er viele der Gedichte. Selten erhält er eine oder fast eine ganze Seite: Bär, Hase und Fuchs spielen Karten / der Riese Timpetu verschlingt nach der Maus auch eine Katze / die Heinzelmännchen rutschen die Treppe herunter, nachdem sie auf den Erbsen ausrutschten / der Mann auf den Pfahlbauten am Ufer aus der Steinzeit liest unter dem Pfahl mit dem Totenkopf ein Buch, während im Hintergrund die Satellitenschüssel am Hausdach von einer anderen Zeit künden und das Flugzeug auch nicht in die alte Zeit zu passen scheint.

Nach dem Loblied auf das Buch bleibt die Frage, ob die ""Balladen und Erzählgedichte"" ihren Weg zum Lesen oder Hören finden werden. Zu wünschen wäre es allemal, denn Lyrik ist ein wichtiges Zeichen des Menschseins.
Rückbesinnungen gibt es zurzeit mehrfach, angefangen von Smartphones, die allein dem Telefonieren dienen, weitergeguckt zu Poetry Slammern. Da hätten wir uns schon im Buch wenigstens eine kurze Aussicht in die Moderne gewünscht.

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Diese Rezension wurde verfasst von uhb.
Veröffentlicht am 01.07.2015