Der Pinguin meines Lebens

Autor*in
Michell, Tom
ISBN
978-3-596-03602-8
Übersetzer*in
Kögeböhn, Lisa
Ori. Sprache
Englischen
Illustrator*in
Seitenanzahl
255
Verlag
FISCHER
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
Frankfurt
Jahr
2016
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
9,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Tom Michell geht in den 1960er Jahren nach Argentinien, um am HMC-College von Buenos Aires als Assistenz-Lehrer zu arbeiten. Er unternimmt abenteuerliche Reisen, erlebt eine politisch gefährliche Zeit - und eine wunderbare Freundschaft mit Juan Salvador, dem MagellanPinguin.

Beurteilungstext

Bereits als Jugendlicher hatte Tom, Autor und Ich-Erzähler, den Wunsch, Südamerika für sich zu entdecken, einen Kontinent, auf dem noch keiner seiner über den ganzen Globus verstreuten Verwandten Fuß gefasst hatte. Die ersten Spanischkenntnisse eignete er sich autodidaktisch an und sah deshalb das Jobangebot am St. George’s College in Buenos Aires als Chance, seine Pläne zu verwirklichen. Er hatte nur wenig Ahnung, dass er als Brite in Zeiten des Falkland-Konfliktes nicht überall offene Türen finden und dass in den 1960/70er-Jahren die politische Situation in Argentinien eskalieren würde.
Auf einer Reise durch Uruguay entdeckte er in der Nähe des Badeortes Punta del Este einen Strand, der übersät war mit Tausenden toter Pinguine – qualvoll verendet in Teer und Öl, das Öltanker beim Reinigen ihrer Tanks auf dem offenen Meer ins Wasser gelassen hatten. Offensichtlich hatten die unverantwortlichen Menschen ausgerechnet auf der jährlichen Wanderroute ihr schändliches und schädliches Treiben begangen. Inmitten dieses furchtbaren Anblicks nahm Tom eine Bewegung wahr – eine abenteuerliche und gefährliche Rettungsaktion begann.
Tom Michell erzählt in vielen Details, wie sich die nächsten Wochen und Monate gestalteten, in denen er vieles unternahm, um den kniehohen Magellan-Pinguin, den er Juan Salvador nannte, nach Buenos Aires zu bringen, diesen an das Leben im College zu gewöhnen und zu einem wesentlichen Bestandteil des College-Alltags für die Schüler werden zu lassen. Ohne dies genauer zu thematisieren, praktizierte Tom mit Juan Salvador die ‚Anfänge‘ einer tiergestützten Intervention, denn es waren immer die Jungen, die wenig Anschluss an die Gemeinschaft fanden, die stillen oder verhaltensauffälligen Schüler, die sich um die Pflege und Versorgung des Pinguins kümmerten. Im Gegenzug schenkte Juan Salvador ihnen seine Aufmerksamkeit, Offenheit und Interesse, hörte sich ihre Sorgen geduldig an und brachte sie zum Lachen, wenn es ihnen nicht gut ging. Der neugierige Pinguin liebte die – menschliche - Gesellschaft, so Tom Michell, er wurde zum Maskottchen der Collegemannschaft ernannt und zeigte Dankbarkeit, wenn die Schüler Dinge zu seinem Wohlergehen, z.B. eine Badewanne, organisierten. Schon nach wenigen Wochen war er fester Bestandteil des Internatslebens, Tom konnte sich auf Juan Salvadors Betreuungsnetzwerk blind verlassen, wenn er auf einer seiner zahlreichen Reisen durch Südamerika unterwegs war. Seine Idee, den Pinguin wieder auszuwildern, gab er auf, nachdem er verschiedene Optionen geprüft hatte. Jahre später erfuhr er, dass die Kenntnisse, die er sich aus Büchern zum Thema Pinguin angeeignet hatte, letztendlich zu oberflächlich waren, um seinem Gefährten ein artgerechtes Leben anzubieten.
Der Autor schrieb das Buch als Hommage auf ‚den Pinguin seines Lebens‘, denn Juan Salvador war nicht nur für Tom Michell, sondern für alle, die mit dem kleinen Pinguin zu tun hatten, eine Bereicherung, er öffnete Seelen und Herzen und zeigte seinen zweibeinigen Begleitern und Versorgern, was es bedeutete, Verantwortung zu übernehmen, indem er ihnen ‚dankte‘.
Trotz der menschlichen ‚Interpretation‘ des Pinguin-Verhaltens respektiert der Autor die Grenze zwischen Mensch und Tier und erklärt – vierzig Jahre später – diese ungewöhnliche Freundschaft sowohl in emotionaler als auch in rationaler Weise. Erfreulich ist die Tatsache, dass der Leser ‚nebenbei‘ viele Informationen über das Argentinien der 1960/70er Jahre erhält und damit das Buch nicht nur eine Tier-Mensch-Geschichte ist, sondern auch historisches Wissen vermittelt. Vor diesem Hintergrund kann ich das Werk als Baustein einer Bibliothek sehr empfehlen, es macht Spaß es zu lesen und sich in eine – in jeder Hinsicht – andere ‚Welt‘ (ent-) führen zu lassen. Wer gerne Juan Salvador ‚persönlich‘ kennen lernen möchte, kann sich im Internet das digitalisierte Filmchen unter dem Titel des Buches anschauen.

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Veröffentlicht am 23.04.2017