Der Literaturexpress

Autor*in
Bugadze, Lasha
ISBN
978-3-627-00223-7
Übersetzer*in
Haratischwili, Nino
Ori. Sprache
Georgisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
315
Verlag
Frankfurter Verlagsanstalt GmbH
Gattung
Erzählung/Roman
Ort
Frankfurt am Main
Jahr
2016
Lesealter
ab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
24,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Ein Sonderzug fährt quer durch Europa von Lissabon nach Moskau und zurück nach Berlin. An Bord sind hundert Schriftsteller aus fast allen europäischen Staaten. Sie sollen über ihre Erlebnisse und Eindrücke berichten, die sie auf dieser Reise gewonnen haben. Unter ihnen befindet sich auch Zaza, der georgische Autor, der bislang nur einige wenige Kurzgeschichten veröffentlicht hat. Was ihm auf dieser Reise widerfährt, erzählt er als Ich –Erzähler in diesem Roman.

Beurteilungstext

Hundert europäische Autoren, Prosaisten und Lyriker, werden eingeladen, einen Monat lang in einem Sonderzug quer durch Europa zu reisen und unterwegs ihre Erlebnisse, Gedanken und Eindrücke niederzuschreiben und den Mitreisenden vorzulesen. Diese Idee, ausgeheckt von deutschen Organisatoren, erinnert stark an die Gruppe 47 oder an den Roman von Günter Grass „Das Treffen in Telgte“. Start der Reise ist Lissabon, Ziel ist Berlin. Dort sollen die Texte prämiert werden. Sogar ein Besuch auf der Frankfurter Buchmesse ist eingeplant. Der „Held“ dieses Romans, der Ich-Erzähler Zaza, hat bisher nur einen Band mit einigen Kurzgeschichten veröffentlicht. Er ist Georgier und weiß gar nicht, weswegen er neben dem bekannten Lyriker Zwiad Meipariani als Vertreter seines Landes zu dieser Reise eingeladen worden ist. Er ist schüchtern, zurückhaltend und hat wegen seines bislang geringen literarischen Erfolgs Minderwertigkeitsgefühle. Unterwegs verliebt er sich in die mitreisende Helena, eine Deutsch-Griechin, die leider verheiratet ist. Zu allem Übel ist auch ihr Mann mit im Zug. Rührend sind seine Gedanken und Gefühle und seine weitgehend vergeblichen Versuche, ihr nahezukommen. Kurz vor Ende der Reise erlebt er dann einen kurzen Intimkontakt auf der Zugtoilette, wobei offen bleibt, ob dieses Erlebnis nicht eher seiner Phantasie entsprungen ist. Überhaupt spielen Erotik und auch derbe Sexualität in dieser Reisegruppe eine beachtliche Rolle. Genauso beachtlich sind freilich auch die (satirischen) Einblicke in den literarischen Betrieb, zumal die hundert Autoren von eher mittelmäßiger Qualität sind. Sie neiden sich ihre Erfolge, lesen sich gegenseitig aus ihren Werken vor und pendeln so zwischen ihren Rollen als Schriftsteller und Publikum. Die Pointe ist, dass Zaza, der während der Reise an Schreibhemmungen leidet, erst nach Ende der Eisenbahnfahrt und zurück in Tbilissi seine Erlebnisse niederschreibt und damit diesen Roman verfasst. Eingeschoben werden immer wieder kursiv gedruckte kurze Texte der Mitreisenden, die Zazas Erzählung oft anders aussehen lassen. Der Roman ist flott geschrieben, liest sich leicht und flüssig und ist hervorragend übersetzt. In einem Satz: Ein schönes, lesenswertes Buch.

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Diese Rezension wurde verfasst von rem; Landesstelle: Baden-Württemberg.
Veröffentlicht am 29.04.2016