Der Klang der Farben
- Autor*in
- Liao, Jimmy
- ISBN
- 978-3-905816-84-6
- Übersetzer*in
- Hermann, Marc
- Ori. Sprache
- taiwanesisch
- Illustrator*in
- –
- Seitenanzahl
- 128
- Verlag
- chinabooks
- Gattung
- BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
- Ort
- Uitikor Waldegg
- Jahr
- 2001
- Lesealter
- 6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- Bücherei
- Preis
- 24,90 €
- Bewertung
Teaser
Ein Mädchen wird an ihrem 15. Geburtstag von ihrem Schutzengel am Eingang des U-Bahn Schachtes verlassen. Sie erblindet und taucht in eine andere, in eine neue Welt, doch diese Welt ist ihre eigene mit ihren eigenen Erinnerungen.
Beurteilungstext
„In dem Jahr, als der Engel am Eingang der U-Bahn von mir Abschied nahm, bin ich allmählich erblindet. An meinem fünfzehnten Geburtstag, einem Morgen im Herbst, nieselte es draußen. Ich fütterte meine Katze, und um fünf nach sechs betrat ich die U-Bahn.“ Sie steigt hinunter, tiefer und immer tiefer, fährt zu Stationen, die sie nicht kennt, und träumt davon, mit allen U-Bahnen dieser Welt verbunden zu sein, um alle Stationen dieser Welt erreichen zu können. Auf dieser Traumreise kommen die Erinnerungen zurück. „Ich bin es gewohnt, allein zu sein und Selbstgespräche zu führen. Gern male ich mir aus, ich wäre der einzige Mensch in der Stadt, dann streife ich ziellos umher.“ Im Gedränge des Wagens verliert sie die Orientierung, doch zum Glück sind da die bunt gekleideten Elefanten, mit denen sie das Tageslicht erreichen kann, das sie nicht sehen kann. „Als ich aus der U-Bahn herauskomme, fließt warmes Sonnenlicht herab. Das abgefallene Laub raschelt sanft und heiter. Darunter soll ein Blatt aus Gold verborgen sein.“ Sie trifft ein rosa Schwein, klettert auf der Suche nach dem süßesten Apfel der Welt auf einen Apfelbaum, und läuft, nachdem sie ihn natürlich nicht gefunden hat, zurück in die U-Bahn, immer in Begleitung eines kleinen weißen Hundes. In ihrer eigenen Unterwasserwelt spricht sie mit den Fischen, taucht wieder auf und liegt auf einem Strand, darunter liegt ein große Pottwal und die U-Bahn ist geflutet, in den Waggons tummeln sich die Fische, weshalb sie im nächsten Bild schon wieder durch die Wolken fliegt, bis auch die U-Bahn durch die Wolken fährt. Sie irrt durch einen Irrgarten, aus dem es kein Entkommen gibt, obwohl sie doch entkommt, um weiter und immer weiter treppauf, treppab die Welt zu bewandern und zu bereisen, natürlich nur die eigene, von der sie selber annimmt, sie sei grenzenlos. Irgendwann ist auch der Schutzengel wieder da und die Traumreise geht weiter, immer weiter. „Auf der Suche nach dem Licht, das in meinem Herzen schimmert.“
Wieder ein „Bilderbuch für Erwachsene“, wie der Autor Jimmy Liao es zu nennen pflegt. Getragen von tiefer Melancholie, anspielungsreich und humorvoll, poetisch und verspielt. Die vielen geometrischen Treppen und Landschaften erinnern an die architektonischen Paradoxien von M.C. Escher. Chagall und Matisse werden zitiert, der standhafte Zinnsoldat von Hans Christian Andersen liegt quer im Bild und ein gläserner Schuh verweist auf den Tanzfilm „Der gläserne Pantoffel“ von Charles Walters. So wird das Mädchen blind zur Sehenden, die Leere des Ungesehenen verwandelt sich in die bunte Fülle einer überbordenden Fantasie, am Ende hält sie einen großen roten Blumenstrauß im Arm, und der Engel, ja der Engel schaut ihr zu.
Bleibt noch die Frage, für wen das Buch geschrieben wurde. Nur für Erwachsene ganz sicher nicht. Kaum aufgeschlagen, entwickelt sich aus Text und Bild ein Dialog, Kinder stellen Fragen und Erwachsene antworten, und sei es nur, um sich und den Kindern einzugestehen, dass sie die Antwort nicht wissen. Doch Antworten braucht das Buch zuallerletzt, die Fragen der Kinder, die Fragen der Jugendlichen und Erwachsenen reichen völlig aus, um sich in das Buch zu verlieben.