Der Junge, der Gedanken lesen konnte: Ein Friedhofskrimi

Autor*in
Boie, Kirsten
ISBN
978-3-8337-2978-2
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
250
Verlag
Jumbo
Gattung
Krimi
Ort
Hamburg
Jahr
2012
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Klassenlektüre
Preis
19,99 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

In seinem neuen Wohnumfeld erkundet der kasachische Junge Valentin zuallererst den nahe gelegenen Friedhof und schließt dabei Bekanntschaften mit einigen Besuchern und Angestellten. Valentin ist ein Junge, der sich über vieles Gedanken macht und mitunter sogar die Gedanken anderer lesen kann. Auf Grund dieser Fähigkeiten entdeckt er kriminelle Machenschaften, die mit dem Friedhof zu tun haben müssen. Gemeinsam mit seinem neuen Freund Mesut begibt er sich auf Spurensuche.

Beurteilungstext

Die Audio - CD erschien etwa gleichzeitig mit der gebundenen Ausgabe des Buches, verlegt vom Oetinger - Verlag. Das hat Vor- und Nachteile. Bekanntlich suchen und finden viele Kinder- und Jugendliche Krimis bevorzugt in den neuen Medien, in Filmen, im Fernsehen und in Computerspielen. Sie vernachlässigen das Lesen, und ihnen begegnet dabei manches Triviale. Die beliebte Autorin Kirsten Boje garantiert gute Kinder- und Jugendliteratur, und dieses Hörbuch beinhaltet eine ungekürzte Fassung des Romans. Lesen oder Hören? Gebundenes Buch oder Audio- CD? Wofür soll sich der meist erwachsene Käufer entscheiden?
Die im Untertitel zum Krimi erklärte Geschichte vom Jungen, “der Gedanken lesen kann” basiert auf einer außergewöhnlichen, unverwechselbaren, hintergründigen Handlung, die über reine Unterhaltung hinausgeht.
Deshalb ist die Ankündigung “ein Friedhofskrimi” im engeren Sinne eine Mogelpackung. Die stringente Hinführung zur Aufklärung des Verbrechens wird vielfach unterbrochen, weil die äußere Handlung hochgeladen wird durch vielfältig eingestreute Gedanken des Ich - Erzählers Valentin, so dass nicht nur nebenbei weitere Themen behandelt werden.
Ein Teil des Figurenensembles ist unter multikulturellen Gesichtspunkten zusammengestellt. Valentins Freund Mesut lebt in einer türkischen Familie. Aus Polen stammen der Friedhofsgärtner Bronislaw wie auch das Ehepaar Schelinsky, das ihre schon zu Lebzeiten erworbene Grabstätte zum Freizeitparadies umfunktioniert.
Die Verwicklung der verwirrten, obdachlosen “Dicken Frau” in die Krimihandlung berührt das Außenseiterproblem in unserer Gesellschaft.
Auf emphatische Weise werden Leser aller Altersgruppen mit dem Thema Tod und Sterben konfrontiert.
Da geht es um Begräbnisrituale nicht nur auf diesem Friedhof, sondern auch in unterschiedlichen Kulturkreisen. Valentin verarbeitet seine Erlebnisse mit trauernden Friedhofsbesuchern. Gedanklich beschäftigt er sich viel mit seinem verstorbenen älteren Bruder Artjom.
Es wird zwar linear erzählt, aber nicht ohne Rückblenden. Besonders im Zusammenhang mit der Entdeckung und Aufklärung des Verbrechens wechseln die Handlungsorte, treten immer wieder neue Personen ins Blickfeld.
Die Lektüre, gleich ob gelesen oder gehört, ist vom Genre her weder ein reiner Kinderkrimi noch eine Detektivgeschichte, sondern mehr ein problemorientiertes Jugendbuch, das auch Erwachsene als Leser anspricht. In die Rolle des Ich - Erzählers Valentin schlüpft im Hörbuch ein 12- jähriger Junge, Can Acikgöz, der 2012 den Vorlesewettbewerb des Deutschen Buchhandels gewann. Ihm gelingt es in hervorragender Weise, die Intensionen des inhaltlich anspruchsvollen Textes einzufangen. Er moduliert sogar seine Stimme wie ein Schauspieler, wenn er Dialoge zu lesen hat. Man lässt sich als Hörer auf seine Erzählung ein und wünscht keine Unterbrechung. Episode reiht sich an Episode, man kommt kaum zum Nachdenken.
Das bedeutet, bei jeder der 4 CD jeweils mehr als 60 Minuten reinen Hörtext am Stück aufzunehmen. Insgesamt
beträgt die Spielzeit 264 Minuten. Wo und wie verbringen Kinder die gehörte Zeit? Bei einer langen Autofahrt, an einem Regentag, vor dem Schlafengehen, bei einer Lesenacht mit der Schulklasse ?
Eigentlich ist das ein Buch, das zum Gedankenaustausch anregt. Weiterführende Hörtipps, vielleicht sogar Lernhilfen könnten dafür nützlich sein. Eine das Plattencover inhaltlich ergänzende Mini- Broschur ist beigelegt. Hat man sie beim Zuhören zur Hand, kann man die kurzen Schnittpausen zum Lesen der Kapitelüberschriften nutzen und sich über die Spieldauer der Einzelepisode informieren. Wer will, kann sich unter Einsatz der Stopp - Taste eine Pause zum Nachdenken verschaffen.










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Diese Rezension wurde verfasst von kra.
Veröffentlicht am 18.09.2023