Der Duft der Kiefern

Autor*in
Schaalburg, Bianca
ISBN
978-3-96445-058-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Schaalburg, Bianca
Seitenanzahl
208
Verlag
Avant
Gattung
Comic
Ort
Berlin
Jahr
2021
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
26,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Bianca Schaalburg setzt sich in diesem Comic mit ihrer Familiengeschichte in Berlin auseinander, vor allem mit den Verdränungen („Wir haben das doch alle nicht gewußt.“).

Beurteilungstext

Schaalburg, geboren 1967 lässt die LeserInnen teilnehmen an ihren Versuchen, sowohl die Zeit des Nationalsozialismus, aber auch die Nachkriegszeit in West- und Ost-Berlin, aufzuarbeiten. Immer wieder geht sie nach dem Tod ihrer Mutter mit ihrem Sohn in Archive, wo sie erfährt, dass vor allem ihr Großvater Heinrich Schott ein klassischer Mitläufer war, der als arbeitsloser Dentist unter den Nazis zum Buchhalter aufstieg und dann an Erschießungen in Riga beteiligt war. Nach dem Krieg stellte er – wie auch seine Frau – sich nicht den unbequemen Fragen, sondern vertuschte alles, auch die Verantwortung für den KZ-Tod der früheren BewohnerInnen ihrer Wohnung in der Wald-Siedlung „Onkel-Toms-Hütte“. Die Zeichnerin lässt die LeserInnen teilhaben an ihren Vermutungen, an ihren Recherchen im Internet, an ihren Bestätigungen durch die administrativen Verlautbarungen, aber auch an ihren Begegnungen mit Überlebenden. Es wird deutlich, dass es in ihrer Familie TäterInnen und Widerständige gegeben hat und dass innere Widersprüche das Handeln von Verwandten bestimmt hat. Original-Unterlagen und Fotos werden bildlich aufgegriffen, etwa authentische Fotos von Stolperstein-Plaketten (S. 35). Zur Verdeutlichung der Zeit, in der das Bild gerade spielt, gibt es ein Farbkonzept: Die Gegenwart ist lila, die Nazizeit braun, die 70er orange, die 68er blau, die 50er grün. Zwischen diesen verschiedenen Zeiten wechselt die Autorin immer wieder, ihr Baden im Schlachtensee erinnert sie an den Schwimmunterricht, den ihr Großvater kurz nach der Verleihung seiner „Ostmedaille“ für seine Kinder organisiert (S. 79). Die dominierende Farbe ist dabei aber das Schwarz, das auch für die Schatten der Vergangenheit steht, für die Bedrohung, die auch harmlose Familientreffen und Kinderfreuden begleitet. Neben der Aufarbeitung der Familiengeschichte nimmt sich Schaalburg intensiv der Aufarbeitung der Ortsgeschichte, vor allem in Berlin- Zehlendorf, an, bietet also auch für Ortsbegehungen spannendes Material. In einem zwanzigseitigen Glossar werden Namen, Orte und politische Zustände sowie ein Stammbaum der Familie präsentiert, die abschließend einen guten Überblick über die Hintergründe erlauben. Der Comic erlaubt es, geschichtliche Kenntnisse mit einer persönlichen Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte zu verknüpfen und könnte so auch eine Anregung für Jugendliche darstellen, Fragen zu ihrer eigenen Familie zu stellen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von RPAK; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 13.07.2022