Der Berg

Schlagwörter

• Streit/Konflikt
• Freundschaft

Teaser

„Der Berg“ ist eine wunderbare Anregung die Perspektive zu wechseln. Ein paar Tiere geratenen einen Konflikt, da sie alle ihre eigene Vorstellung von dem Berg haben. Der Zugvogel stellt ihnen schließlich, eine entscheidende Frage, die den Tieren den Grundstein zur Beilegung des Konflikts ermöglicht.

Beurteilungstext

Der Bär, das Schaf, die Gämse, die Ameise, der Schneehase und der Oktopus sind sich sicher, sie wissen genau, wie der Berg aussieht. Schnell wird klar, dass ihre Vorstellungen weit auseinandergehen und nicht zusammenpassen. Jedes Tier malt sich den Berg ganz nach seinen Vorstellungen aus. Der Bär behauptet der Berg sei waldig. Das Schaf behauptet der Berg sei blumig. Der Oktopus behauptet der Berg sei nass. Die Ameise behauptet der Berg sei erdig. Für die Gämse ist er felsig und für den Schneehasen weiß. Die unterschiedlichen Vorstellungen lösen einen Streit aus. Der Zugvogel hält das Geschrei nicht mehr aus und fragt die Tiere, wer denn schon auf dem Berg war. Dieser entscheidende Impuls bringt jeden Einzelnen zum Nachdenken, endlich sei es möglich den Anderen zu zeigen, dass man im Recht sei. So machen sich alle auf den Weg. Als sie auf dem Berg ankommen, sieht die Welt klein aus und es zeigt sich, dass der Berg landschaftlich alles hat, was sie sich vorgestellt haben. So haben alle irgendwie recht. Arm in Arm sitzen sie auf dem Berg und genießen die Aussicht.

Was keine Passung zu haben schien, passte nach dem gelungenen Perspektivwechsel doch zusammen. Anders als gedacht, bekommt nicht eines der Tiere recht, sondern alle bekommen ein wenig, sodass alle zuletzt etwas bekommen haben; nicht zuletzt die Erfahrung, dass es in Konflikten möglich ist für Alle ein stimmiges Gesamtbild zu gewinnen. Sehr interessant ist auch der Aspekt, dass der Berg den Tieren als Projektionsfläche für ihre eigenen Bedürfnisse und Vorstellungen dient. Insofern sind die Tiere nicht nur in ihrem Konfliktverhalten sondern auch mit ihren Motiven vermenschlicht.

Die Sprache ist sparsam und recht einfach, sodass die Geschichte auch für pfiffige Kleinkinder zu verstehen ist. Die Bilder unterstreichen die Geschichte. Die Vermenschlichung der Tiere findet sich in ihren ausdrucksstarken Gesichtern wieder. Besonders gefällt mir, dass der Vorstellungswelt vom Berg jedes Tieres eine Doppelseite gewidmet wurde.

Das Bilderbuch ist von der Grundstruktur einfach gehalten und bietet durch seine Thematik hinreichende Tiefe für gute Gespräche. Denkbar ist ein Einsatz in Kindergarten und Grundschule, um die Reflexionsfähigkeit in Konflikten zu stärken. Dafür können die Kinder durch geschickte Nachfragen zu Vergleichen zwischen Alltagskonflikten in der Einrichtung und der Geschichte angeleitet werden. Besonders in der Streitschlichterausbildung in Schulen kann dieses Bilderbuch wunderbar genutzt werden. Das Bilderbuch zeigt, das jede Person ihre Wichtigkeit in einen Konflikt mitbringt und letztlich jede Person auch eine zufriedenstellende Lösung sucht. Der Zugvogel im Bilderbuch schickt alle Konfliktparteien auf den Berg, in dem er sie fragt, ob sie sich den Berg bereits angeschaut haben. Insofern spielt er eine Schlüsselrolle für den Wendepunkt der Geschichte. Er kreist über der Situation und doch hält er sich an die notwendigen Standards der Streitschlichtung, er hilft durch seine Nachfrage, dass die Konfliktparteien ihre eigene Lösung finden - ohne äußere Bewertung. Der Zugvogel kann auch in der Erwachsenenbildung als gutes Beispiel fungieren, insofern kann das Bilderbuch durchaus auch thematisch gebunden in einer Einführung in der Fachschule für Sozialpädagogik oder in der Lehrer*innenbildung eingesetzt werden.
Was vielen großen Menschen schwer gelingt, gelingt den Tieren in der Geschichte von Rebecca Gugger und Simon Röthlisberger federleicht.
Das Bilderbuch ist sehr zu empfehlen.

Anmerkung

Das Bilderbuch bietet sich insbesondere in der Ausbildung von Multiplikator*innen für Streitschlichtung in der Erwachsenenbildung und in der Ausbildung von Streitschlichter*innen in Schulen an.