Das Rote Nasen Geschichtenbuch

Autor*in
EBERT, Ferry
ISBN
978-3-7074-0199-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Koci, Marta
Seitenanzahl
128
Verlag
G + G
Gattung
Märchen/Fabel/Sage
Ort
Wien
Jahr
2003
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
10,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

In der Einleitung schildert der Herausgeber, wie am Krankenbett seiner Enkelin die gedankliche Grundlage zu dieser Geschichtensammlung entstand. Und dann folgen 28 Neu-Märchen und märchenhafte Geschichten, die Alfred Komarek, Adi Laube und Eleonore Zuzak beigesteuert haben.
Mal erzählen die Geschichten von einem König, der für die Fabelwesen in seinem Reich ein Haus aus Träumen baut, mal von dem Riesen Elektrizität, der in seinem alles verschlingenden Heißhunger von dem Mut eines Kindes gestoppt wird. Die eine Geschichte handelt von einem überheblichen Helden, der auf der Suche nach Heldentaten in eine verzwickte Situation gerät und nur durch den Mut zum Lachen über sich selbst seine Überheblichkeit verliert, die andere von einer sternschnuppengleichen Prinzessin, die einen strengen Parkwächter in einen liebenswerten Mitmenschen verwandelt. So reihen sich 28 abwechslungsreiche, märchenhafte, neu gedachte, unerwartete, ermutigende, tröstende, wundersame und fröhliche Geschichten aneinander: vom Herrn, der sich eine Uhr kauft, die nur die schönen Stunden anzeigt, vom schönen Schmetterling, der bei den schönsten Blumen abblitzt und in einem Mauerblümchen die wahre Freundin findet und vom reichen König, der seinem armen Nachbarkönig mit Riesengeschenken die schöne Tochter für seinen faulen Sohn abluchsen will. Eine lernfaule Hexe begegnet uns und ein wundersamer kinderfreundlicher Geschichtenerzähler, Abenteuer suchende Schuhe und ein sprechender Papagei als Radiosprecher. Unsere Lebens- und Gesellschaftsprobleme begegnen uns Seite um Seite in kindgemäßer Form: Kinder lassen wieder richtige Wälder wachsen, ein schüchterner Junge gewinnt das Herz eines betörenden Mädchens statt seines vorlauten Bruders, ein unordentlicher Bub wird durch sein Spielzeug zur Ordnung geführt und ein sonderbarer Räuber mit einem guten Herzen wird schließlich sogar Prinz und schafft das Räuberunwesen endgültig ab. So schreiten wir Seite für Seite fort und begegnen Wesen, die nur Kinder richtig kennen: dem gütigen, kinderfreundlichen Mond, dem Unterricht, der auch mal unterrichtsfrei haben möchte, dem etwas anderen Jungen, der schließlich seine wahre Begabung zeigen kann und dem Winter, der sich über die verschmutzenden Menschen ärgert und erst von mutigen und bittenden Kindern wieder aus der Schmollecke geholt werden kann. Und wenn wir dann noch die zappelige Julia kennen gelernt haben, die kleine übermütige Lokomotive, den überraschenden Ausgang einer Vogelkönigswahl und den seefahrenden Nussschalenbewohner, dann haben wir alle Geschichten geschafft.
Wer es nicht schon wusste, der erfährt auf den letzten Seiten, wem dieses Buch nützen soll: kleinen Patienten und den "Rote Nasen Clowndoctors". Mit dem Kauf des Buches wird die Tätigkeit der "Roten Nasen" unterstützt.

Beurteilungstext

Einen herzlichen Glückwunsch an den Wiener G&G-Kinderbuchverlag zu diesem Glücksgriff. Ich habe seit vielen Jahren kein derart zart anrührendes, tiefsinniges Geschichtenbuch für Kinder gelesen. Wie leicht und doch ernsthaft lassen sich andauernde und gegenwärtige Lebens- und Weltprobleme auf die Denkebene von Kindern bringen. Die Phantasiewelt und die Märchengestalten helfen dabei. So finden wir den Moloch Industrialisierung als Riese Elektrizität wieder und eine Ellenbogengesellschaft findet sich in einer Vogelkönigswahl. Und das Schönste: Wie in fast allen Märchen setzt sich das Gute und Vernünftige durch.
Wenn ich mir vorstelle, wie ein Rote-Nasen-Doktor einem kleinen Patienten aus diesem Buch eine Geschichte vorliest, dann sehe ich auch das Lächeln und die strahlenden Augen des Kindes. Dazu trägt mit Sicherheit die einprägsame und klare Sprache aller Autoren bei. Sie sind wahre Geschichtenerzähler, wie man sie nur selten findet. Die wissen auch, dass kurze, übersichtliche Geschichten am besten in das Denken sich einnisten. Und so finden wir keine Geschichte, die über mehr als zwei volle Seiten geht. Und jede Geschichte ist eine runde abgeschlossene Sache. Sie wird aus einer gegebenen Situation heraus aufgebaut, entwickelt sich gradlinig und führt zu einem heilen Schluss. Zwar mögen einige Begriffe außerhalb Österreichs etwas gewöhnungsbedürftig sein (z.B. Kassa oder Buchteln), doch die meisten Kinder lernen viele Begriffe durch Erklärungen im konkreten Zusammenhang.
Die Elemente der Geschichten sind allen Kindern vertraut: die bekannten Volksmärchen, die verbreitete kindliche Phantasiewelt und die Gegenstände der näheren Umgebung. Und in jeder Geschichte geht es vorsichtig ohne Brüche zum guten und vernünftigen Ziel. Leider läuft es nur in Märchen so gut und vernünftig. Doch die Zielgruppe der Leser braucht bestimmt keine harten Lebensprobleme und Realitäten. Optimismus und Hoffnung auf eine bessere Welt bleiben eine wertvolle Medizin.
Besondere Erwähnung verdienen die zahlreichen Illustrationen. Die Phantasie- und Märchenwelt der Texte wird von Marta Koci aufgenommen und in detailreiche Strichzeichnungen übersetzt. Vielfach erinnern sie an naive Kunst, auch an Kinderzeichnungen. Haben Paul Klee und Joan Miro Pate gestanden? Oder erinnern die Zeichnungen so stark an diese Maler, weil die auch von naiver Kunst beeinflusst waren? Jedenfalls sind diese Zeichnungen ebenbürtige Partner zu den Texten und laden zum vertiefenden Entdecken und Verstehen ein.
Inzwischen gibt es viele Rote-Nasen-Aktionen in mehreren Ländern. Alle dienen einem karitativen, auf Kinder bezogenen Zweck. Meines Wissens ist dieses österreichische Rote-Nasen-Clownprogramm das erste seiner Art und feiert mit diesem Buch sein zehnjähriges Bestehen. Herzlichen Glückwunsch!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von heri.
Veröffentlicht am 01.01.2010