Das rostrote Buch

Autor*in
Bernstein, Nina
ISBN
978-3-8270-5121-9
Übersetzer*in
Howeg, Beatrice
Ori. Sprache
Amerikanisch
Illustrator*in
Kulikov, Boris
Seitenanzahl
253
Verlag
Berlin Verlag
Gattung
Fantastik
Ort
Berlin
Jahr
2008
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,90 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die Geschwister Anne, Emily und Will leihen sich in der Bibliothek Bücher für die Sommerferien aus. Zuhause beim Auspacken ihres Bücherkorbs stoßen sie auf ein altes, kleines Buch, an dessen Entleihen sie sich nicht erinnern können. Neugierig beginnen Anne und Emily die Lektüre und werden im wahrsten Sinne des Wortes in den Bann der Geschichte gezogen. Ein abenteuerlicher Sommer beginnt.

Beurteilungstext

Die Idee, die Handlung eines Buches Realität werden zu lassen und die Buchwirklichkeit mit der Umgebungswirklichkeit miteinander zu verweben, ist nicht neu (z.B. Michael Endes "Unendliche Geschichte", Cornelia Funkes "Tintenwelt"-Romane). Unterhaltsam wird das Buch dadurch, dass die Buchrealität wechselt, in welche die Kinder abwechselnd tauchen. Das Buch bestimmt, wer als Protagonist agieren muss; Will, Emily und Anne beginnen nacheinander, verschiedene Geschichten zu lesen, in die sie hineingezogen werden. Das rostrot eingebundene Buch lässt sich nur von demjenigen öffnen, den es zum Protagonisten erkoren hat, niemand sonst kann die betreffende Geschichte lesen. Die Geschichten scheinen auch nicht permanent im Buch festgehalten zu sein, sondern sie werden für den jeweiligen Leser "angepasst": Will, der noch nicht lesen kann, findet in dem Buch einen Comicstrip, wobei das Buch für Emily und Anne lange Texte ohne Illustrationen bereithält. Um die Abenteuer zu bestehen, müssen die Geschwister ihre Phantasie spielen lassen. Dabei vermischt sich die Welt der Geschichte unterschiedlich stark mit der Welt der Kinder, je nach Fähigkeiten und Bedürfnissen des Protagonisten. Anne und Emily, erfahrene Leser, müssen mit der ihnen bekannten Geschichte Robin Hood zurechtkommen, Will hingegen sieht seine eigene Umgebung in seiner Geschichte aus einer anderen Perspektive und muss sein Abenteuer allein bestehen. Die letzte Geschichte nimmt Bezug auf "Krieg und Frieden" und verwebt die Welt der Kinder unzertrennlich mit dem Romanfragment, hier schwappen sogar Charaktere von einer Welt in die andere. Es bedarf der Vorstellungskraft aller Geschwister, um wieder in ihre eigene Welt zu gelangen. Die Geschwister lernen, dass jeder von ihnen Fähigkeiten besitzt, die die anderen dringend brauchen. Alle drei lernen durch die Abenteuer dazu. Erst, als alle Abenteuer ausgelesen und gut zu Ende gebracht sind, erscheint das Fälligkeitsdatum für die Rückgabe bei der Bibliothek im Buch. Das rostrote Buch bleibt bis zum Schluss der Regisseur der Gesamthandlung.
Boris Kulikovs Schwarzweißzeichnungen sind bereits ohne Kontext faszinierend. Darüber hinaus verleihen sie dem seltsamen Geschehen eine unheimliche Note. Sie wirken wie Bilder eines beunruhigend lebensechten Traums, dem der Träumer nicht entrinnen kann (z.B. S.129). Der unheimliche Unterton verstärkt die irreale Atmosphäre der Geschichten, denn die Geschwister können anfangs kaum glauben, dass sie zwischen die Buchseiten gezogen worden sind und in einer fremden Realität allein zurechtkommen müssen. Kulikov fängt das Magische, das auf die Kinder wirkt, perfekt ein. Auch erwachsene Betrachter können sich in die illustrierten Szenen vertiefen und spüren die Stimmung. Ob die leicht grotesken Züge (die knubbelige Gestalt und übergroßen Köpfe der Protagonisten), die teilweise an Paula Rego oder auch Maurice Sendak denken lassen, jüngere Betrachter ansprechen, ist schwierig einzuschätzen; jüngere Kinder mögen dies als bedrohlich empfinden.Alles in allem ein empfehlenswertes Buch, das sich zum Selberlesen für jugendliche Leser genau so gut eignet wie als Vorlesebuch für jüngere Leser.

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Diese Rezension wurde verfasst von EH.
Veröffentlicht am 01.01.2010