Das magische Land. Land of stories. Der Kampf der Welten

Autor*in
Colfer, ChrisDorman, Brandon,
ISBN
978-3-7373-5790-6
Übersetzer*in
Pfeiffer, FabiennePfeiffer, Fabienne
Ori. Sprache
Illustrator*in
Dorman, Brandon
Seitenanzahl
400
Verlag
FISCHER KJB Sauerländer Duden
Gattung
Fantastik
Ort
Frankfurt am Main
Jahr
2021
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüre
Preis
18,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der letzte Band der Reihe „Das magische Land. Land of stories“ mit dem Titel „Der Kampf der Welten“ beginnt interessanterweise so, dass Connor, der zu Beginn der Reihe schlecht in der Schule war und nicht so einen Zugang zu Märchen und Geschichten hatte wie seine Schwester Alex als alter, beliebter Autor über sein Lebenswerk interviewt wird.

Beurteilungstext

Das erregende Moment der Handlung entsteht dann, als ein junges Mädchen Connor nach dem Verbleib seiner Schwester Alex fragt und der Schriftsteller darauf keine Antwort geben kann, weil er es nicht mehr weiß. Connor ist mittlerweile sehr alt und da nicht alle an die magische Welt so glauben wie er und auch nicht dorthin reisen können, macht sich der beliebte Geschichtenerfinder daran, gemeinsam mit dem Leser die Geschichte nochmal zu lesen und fragt nicht seine Familie. Am Ende des Romans erfährt der Leser, dass zeitgleich zu Connors Recherchen seine Enkelin Charlie auftaucht, um ihn davor zu warnen, dass ihre Eltern ihn aus Sorgen vor einer womöglich stärker werdenen Demenz ins Altenheim bringen wollen. Gemeinsam mit der Enkelin erfährt der Leser, dass Connor sich wieder erinnert, Alex in einer anderen Dimension lebt und gemeinsam mit seiner Schwester dorthin reisen kann. Doch bis zu diesem Punkt fragt sich der Leser, ob Alex verstorben, verbannt, verflucht wurde, zu den Bösen übergelaufen ist, Connor etwas verdrängt oder unter eine Zwangsamnesie gestellt wurde. Diese Vermutungen bestehen nicht ganz ohne Grund, wie sich im Verlauf der Geschichte zeigen wird. Als Charlie staunend und ungläubig beobachtet, wie ihr Opa mit der geheimnisvollen glitzernden Großtante Alex mit einem hellleuchtenden Blitz verschwindet, macht sie sich auf die Suche nach aufschlussreichen Hinweisen, um das Ereignis einordnen zu können. Dabei stößt sie, so wie ihr Opa Connor und Großtante Alex in Kindertagen, auf das ihr vertraute Buch „Land of stories – Das magische Land“, das nun aber auf wundersame Weise anfängt zu glühen. Ohne es zu wissen, wird sie auch die Märchenwelt und viele andere fiktive Dimensionen erkunden können – so wie Connor und Alex seit dem Tod ihres Vaters auch. Doch das bleibt der Phantasie des Lesers vorbehalten, weil an dieser Stelle der letzte Band der Reihe „Land of stories“ endet.
Durch die bereits beschriebene Rahmenhandlung baut Chris Colfer gekonnt einen Spannungsbogen auf, der den Leser immer weiter fragen und lesen lässt. Immer wieder nimmt die spannende und sehr einfallsreich-anschaulich erzählte Geschichte unerwartete Wendungen. Man kann immer wieder staunen, wie außergewöhnlich die verschiedenen Figuren gestaltet sind. Alex wurde von der bösen Königin Morina unter einen sehr starken Fluch gestellt, sodass sie sie ganz für ihre Interessen, Machtgelüste und ihre Zerstörungswut instrumentalisieren kann. Dieser Fluch bringt einen Krieg zwischen der Märchenwelt, der die Feen vorstehen, der realen Welt, Connor und seiner Freundin Breeze, die er später heiraten wird und die indirekt mit Grimm verwandt ist, den Figuren aus den Kurzgeschichten Connors, Figuren aus anderen Zeiten und literarischen Schriften einerseits und der Schurkenarmee, Morina, anderer Hexen und selbst produzierter Lebkuchensoldaten auf der anderen Seite. Die Hexen wollen die reale Welt unter ihre Gewalt bringen. Man ahnt es schon: Der Mut, die List und der Zusammenhalt lassen das Gute am Ende siegen. Soweit so bekannt aus vielen fantastischen Geschichten, die den Kampf zwischen Gut und Böse nachzeichnen, wobei es schon etwas Besonderes ist, dass die Figuren zwischen Fiktion und Realität und durch verschiedene Zeitalter und Werke zu König Artus oder Robin Hood beispielsweise reisen können. Chris Colfer lässt zudem die Macht der Phantasie, der Worte, der Geschichten und der Liebe über den Tod hinaus den Hauptfiguren beistehen und macht den Sieg über den Fluch, über die Hexe Morina, das Böse zu einem ganz besonderen Moment. Aber auch ganz witzige Elemente helfen den Fluch zu brechen, so zum Beispiel, wenn Rotkäppchen Tipps aus der „Glamour“ als Kampfwaffe gegen Morina einsetzt.
Spannend ist aber, dass der Fluch nicht nur durch die äußere Zerstörung der bösen Hexe Morina gebrochen werden kann. In Alex darf wie bei vielen anderen Figuren im Buch auch etwas im Inneren schrittweise heilen, wenn ein Fluch auf ihnen lastet. Alex meinte immer perfekt sein und alles richtig machen zu müssen, damit sie nicht wieder wie in Kindheitstagen zur Außenseiterin wird. Fehler lösen in ihr gar selbstzerstörerische Schuldgefühle aus. Diese nehmen natürlich nach dem starken Fluch gigantischhe Ausmaße ein, da Alex als Werkzeug Morinas anderen Menschen sehr viel Leid zugefügt hat. Es ist schließlich eine Was – wäre - wenn– Geschichte, in die Alex und Connor eintauchen, die Alex in ihrem Leid Linderung verschafft und zumindest dort den Fluch weichen lässt. Connor sieht in dieser Geschichte die bedeutendste, die er jemals geschrieben hat. Ausschlaggebend ist schließlich ein gar übernatürliches Gespräch mit ihrem verstorbenen Vater, die Alex langes Leiden schließlich ein Ende bereitet. Dieses übernatürliche Gespräch ist nur möglich, weil zu der fiktiven Ebene noch eine wirklich magisch – spirituelle hinzutritt, denn Connor hat ihren Vater nicht in die „Was- wäre- wenn – Geschichte“ eingebaut und dennoch taucht er auf.
In diesem Gespräch wie auch an vielen anderen Stellen in diesem Band und in der gesamten Reihe wirft Colfer durch Connor und Alex’ Vater auch philosophische Fragen auf wie: Gibt es ein Happy End und ist der Tod nicht der klare und eindeutige Beweis dafür, dass in der realen Welt kein Happy End geben kann? Der Vater schöpft an dieser Stelle wie auch zum Beispiel zu Beginn der Reihe seine Weisheit aus der Welt der Geschichten und Märchen.
Der Leser oder die Leserin kann sich von den Worten Connors und Alex Vaters zum Nachdenken aufgefordert fühlen, wenn dieser sagt: “Tja, das Gute daran ist: Es ist nie zu spät, die eigene Geschichte umzuschreiben […] Wenn du den Eindruck hast, etwas stimmt damit nicht, dann besteht jederzeit die Chance, alles zurechtzurücken, ganz gleich wer schuld daran ist. Allerdings solltest du dich niemlas für die Entscheidungen anderer verantwortlich fühlen. Diese Last ist für jedes Paar Schultern zu groß.“ (S. 346)
Die Stelle lädt dazu ein, darüber nachzudenken, wo jeder selbst mit seiner Geschichte zufrieden ist, und wo er sie vielleicht umschreiben will. Außerdem bedarf es langer Übung, sich immer wieder bewusst zu machen, wo die eigene Verantwortung aufhört und die des anderen beginnt.
Colfer thematisiert auch die heilende Wirkung von Wörtern und Geschichten, zeigt auf wie sie Einfluss auf das reale Leben nehmen können, indem ihr Verfassen Lösungen beiführen kann. Spannend ist folglich auch sich selbst zu fragen, wie und wann selbst kreiierte Geschichten eine Lösung im eigenen Leben sein können, sozusagen eine Magie, die durch Worte wirkt. Der alte Connor gibt seiner Enkelin Charlie mit, dass Magie nur dann wirken kann, wenn man sich einen offenen Geist bewahrt. Somit ist die Reihe eine Hommage an die Welt der Worte, der Sprache, der Phantasie,der Geschichten, insbesondere der Märchen und der Magie, die sie entstehen lassen können, wenn man sich darauf einlassen kann, die aber nicht immer alle Probleme in Luft auflösen lässt. Zwar haben Märchen meistens ein Happy End, die jedoch aus Sicht von Connors Vater nicht als „billige“ Happy Ends durch den einfachen und immer vorhersehbaren kompletten Sieg des Guten über das Böse zu sehen sind:
„ Liebling, natürlich gibt es sie [die Happy Ends]. Ein glückliches Ende ist nicht die Lösung für sämtliche Probleme im Leben oder eine Garantie, dass das Leben einfach sein wird – sondern ein Versprechen, das wir uns selbst geben: stets das Beste aus unserem Leben zu machen, was auch immer unseres Weges kommt. […] Und wenn wir inmitten von Unglück immer die Dinge im Auge behalten, für die wir dankbar sein können – dann haben wir verstanden, was ein glückliches Ende wirklich ausmacht. Und diesen Zustand erreicht man nicht nurch Perfektionismus; im Gegenteil, unsere Menschlichkeit ist es, die uns dorthin führt. Und eben diese Lektion versuchen uns Märchen seit jeher zu lehren. ( S. 347) Colfer macht in seiner Widmung deutlich, dass seine Leser ihm zum Happy End verhelfen: „Danke, dass Ihr für mich das glückliche Ende dieses Märchens seid.“
Der Leser und die Leserin kann sich nun fragen: Wer trägt zum eigenen Happy End bei?
Eine weitere philosophische Frage wirft Colfer auf, wenn er Connors und Alex’ Vater sagen lässt, auf die Frage, ob der Tod Happy Ends grundsätzlich unmöglich macht:
„ Das Einzige, was wir im Hinblick auf den Tod selbst in der Hand haben, ist, wie wir ihn definieren. ich persönlich glaube nicht, dass jemand, der stirbt, tatsächlich aufhört zu existieren. Die Menschen, die wir über alles lieben, werden immer am Leben bleiben, dank der Geschichten, die wir erzählen, und der Erinnerungen, die wir teilen. Solange wir unsere Lieben im Herzen behalten, wird ihr Puls mit unserem eigenen weiterschlagen.“ Sieht man selbst das auch so und was bedeutet dies? Die Fragen und Antworten sind nicht neu, aber sie laden den Leser dazu ein, die Fragen nochmal aufzugreifen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Isabelle Zeitinger; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 30.10.2023

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