Das laute Schweigen der Francine Green

Autor*in
Cushman, Karen
ISBN
978-3-423-71287-3
Übersetzer*in
Ernst, Alexandra
Ori. Sprache
Amerikanisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
303
Verlag
dtv
Gattung
Ort
München
Jahr
2008
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
8,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Amerika 1950 ist beherrscht von Angst vor der kommunistischen Nuklearwaffe. Selbst der braven Francine in ihrer katholischen Nonnenschule kann die Absurdität der Kommunistenjagd nicht verborgen bleiben. Francine berichtet aus ihrem Leben. Sie wird immer wütender und ihr Erzählen ist - bei aller Tragik - sehr komisch.

Beurteilungstext

Los Angeles 1949/50.Die dreizehnjährige Francine lebt in einer guten amerikanischen Familie. Wenn Francine diese dumme Ärgerphobie nicht hätte, könnte sie sich in das glückliche Leben einreihen. Sie leidet aber unter ihrer Geduld, Beherrschtheit und Mäßigung. Sie macht sich am liebsten unsichtbar und schaut zu, wie sich andere Ärger einhandeln und seit Sophie ihre Freundin ist, macht sie das unglücklich. Sophie reizen die Nonnen der Schule zu Widerspruch. Die frommen Märtyrerinnen, die sich braten, enthäuten, einmauern lassen, kann sie als Vorbild nicht gelten lassen. Die einfache Teilung der Welt in katholisch, gut und kommunistisch, böse ist ihr verdächtig. Sie stellt Fragen und provoziert Schwester Basilius der Große ununterbrochen. Die so nett aussehende Nonne reagiert mit entwürdigenden Strafen. So eine Schülerin braucht Basilius immer, das weiß Francine.Wenn man den Mädchen im Unterricht nicht die Stilmittel Ironie und Oxymoron hätte üben lassen, wäre Francine vielleicht an ihrem "lauten Schweigen" erstickt. Aber so hilft sie sich mit angepassten Äußerungen, die sie für sich aber ironisch meint.
Schlimm wird die Lage für Francine, als nach dem russischen Testabwurf einer Atombombe offen die Angst vor den Kommunisten geschürt wird. Vor Kommunisten in Russland, China, in der amerikanischen Regierung, unter Schauspielern, Autoren und überall. An einem Freund von Sophies Vater erlebt Francine die typische Kommunistenjagd. Mr. Mandelbaum erhält keine Rollen mehr. Nur wenn er andere als Kommunisten angibt, soll er selbst frei von Verdacht sein. Mr. Mandelbaum bringt sich um und Sophies Vater, Drehbuchautor, taucht mit seiner Tochter unter. Da endet Sophies lautes Schweigen: Sie geht in Schwester Basilius Büro und sagt ihr alles, was sie längst hätte sagen wollen.
Von dem schicksalhaften Jahr mit Sophie lässt Cushman Francine selbst berichten. In 34 Kapitel, die chronologisch aneinandergereiht sind, nimmt der Leser teil an Francines Leben und Denken. Er staunt wie sie über die Broschüre, die den Bürger über Verhalten bei A-Bombenabwurf belehrt. Er ist wie sie entsetzt darüber, dass das brave Lebensmittelhändlerpaar Petrov sich entschließt, Amerika zu verlassen, wegen andauernder Repressalien. Francines Freundinnen lesen am 14. Juni ein Plakat auf das fordert: Tötet Kommunisten für Jesus Christus! Da ist für Francine das Maß voll und jeder Leser muss verstehen, warum. Dies Plakat ist ernst gemeint, das ist nicht Ironie und die Mädchen wollen damit vor Sophies Haus ziehen!
Francine erzählt Episoden aus ihrem Leben. Kleine Alltagsszenen in der Familie, in der Schule, mit der Freundin. Ironie und das Spiel mit Gegensätzen, feine Beobachtung und schonungslose Ehrlichkeit machen aus Francines Bericht ein differenziertes Bild vom Leben in Amerika in der Ära McCarthie. Die einzelnen Szenen sind verflochten zu einem vielschichtigen Bild. Aber dennoch, ein sehr komisches Buch, denn Francine hat einen scharfen Blick für die Absurditäten um sich herum und lässt den Leser immer daran teilhaben.
Wer mit Francine das Jahr lesend durchlebt hat, wird vielleicht auftauchen und feststellen, dass er in einer Welt lebt, die von ähnlichen Gefahren bedroht ist. Es geht auch heute darum, das rechte Maß zu finden bei der Abwehr von Gefahr für die Bürger. Wie viel individuelle Freiheit darf preisgegeben werden im Kampf gegen terroristische Bedrohung? Sind Redefreiheit, Meinungsfreiheit….. verzichtbar?

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Pfn.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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