Das laute Schweigen der Francine Green

Autor*in
Chushman, Karen
ISBN
978-3-423-71287-3
Übersetzer*in
Ernst, Alexandra
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
300
Verlag
dtv
Gattung
Ort
München
Jahr
2008
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
8,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Francine Green lebt 1949/1950 in Californien. Sie ist angepasst und wird in der katholischen Mädchenschule allen Anforderungen an Frömmigkeit, Gehorsam und Fleiß gerecht. Sie erlebt die Kampagne Senator McCarthy's über "den Russen, der eine Atombombe auf Amerika zu werfen und die Welt mit kommunistischem Gedankengut zu überschwemmen droht". Als Francine Sophie kennen lernt, die stets für Freiheit der Gedanken und der Rede plädiert, regt sich ihr Geist und Francine beginnt zu zweifeln.

Beurteilungstext

Dieser stark autobiographisch geprägte Roman von Karen Cushman kommt einem Zeitzeugnis gleich, das zur heutigen Zeit bereits sehr wertvoll ist. Mit starken Charakteren und einer großen Portion Ironie bearbeitet sie das Thema gleichsam ernsthaft und unterhaltsam. Da ist Francine, 15, die in einer angepassten Musterfamilie lebt und ihrer Mutter die wenig ruhmvollen Kochkünste sowie die ständigen Babysitterdienste am kleinen Bruder übel nimmt.

Und da ist die gleichaltrige Sophie, die bei ihrem Vater, einem Schriftsteller, lebt und immer wieder mit der Frage konfrontiert wird, was am Kommunismus und am freien Äußern der Gedanken so schlimm ist. Diese Frage prägt ihr Denken und ihr Leben. Mit einer solch liberalen Einstellung und derartigen Fragen auf den Lippen hat sie es in der katholischen Mädchenschule allerdings schwer und wird schon schnell zur Außenseiterin und zum Lieblings-Straf-Objekt der strengen Schulleiterin. Sophies Fragen an die Ordensschwester, beispielsweise ob Jesus Kommunist gewesen sei, schließlich habe er doch auch mit seinen Jüngern geteilt, erscheinen vor diesem Hintergrund bitter ironisch.

Francine freundet sich mit Sophie an, und gegenseitig bewundern sie ihr Leben, wo doch jede an dem eigenen Leben eine Menge auszusetzen hat. Doch kommt Francine durch Sophies stetigen Antagonismus ins Grübeln: Will "der Russe" wirklich eine Atombombe auf Amerika werfen? Nützt da der selbstgebuddelte Bunker im Garten, den ihr Vater gemäß der von der Regierung per Flugblatt verteilten Gebrauchsanweisung anlegt? Und hilft es bei einem Anschlag, unter den Tisch zu kriechen und die Hände vors Gesicht zu halten, wie sie es in der Schule lernen?

Aufmerksam und reflektiert beobachtet Francine, was in ihrem persönlichen Umfeld geschieht. Das nette russische Ehepaar Petrov beispielsweise, das in Amerika ein besseres Leben erhoffte, wird auf einmal des Kommunismus' bezichtigt, öffentlich angefeindet und ergreift schließlich die Flucht.
Vom besten Freund von Sophies Vater, einem Schauspieler, erfährt Francine, dass er auf der schwarzen Liste steht, keine Engagements mehr bekommt, vom FBI beschattet wird und in willkürlichen Verhören gegen die Denunziation weiterer vermeintlicher Kommunisten Freiheit in Aussicht gestellt bekommt. Er hält dem Druck nicht Stand und begeht schließlich Selbstmord. Als Sophie und ihr Vater abtauchen, steht für Francine fest: Das ist nicht das gerechte, freiheitliche Amerika, das seine Bürger beschützt. Und im Rahmen ihrer Möglichkeiten beginnt sie, ihr Schweigen zu brechen.

Ein hervorragendes Buch jüngerer Zeitgeschichte, sowohl als Freizeitlektüre als auch für den Unterricht.

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Diese Rezension wurde verfasst von dk.
Veröffentlicht am 01.01.2010