Das Hexen-Einmal-Eins

Autor*in
Goethe, von
ISBN
978-3-446-18863-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Erlbruch, Wolf
Seitenanzahl
29
Verlag
Hanser
Gattung
BilderbuchSachliteratur
Ort
München
Jahr
2006
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
13,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Goethes Hexeneinmaleins, in Szene gesetzt von Wolf Erlbruch

Beurteilungstext

"Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei doch auch was denken lassen" - so spricht Mephisto auf die Worte des Faust, "Mich dünkt, die Alte spricht im Fieber". Gemeint hat Faust damit die Hexe, die Mephisto einen Vergnügungs- und Liebestrank brauen lässt, mit dem später die Gretchen-Tragödie ihren Lauf nimmt. Auch Goethe selbst spricht in einem Brief vom "Hexeneinmaleins und so manch andrem Unsinn", aber das hat nie jemanden abgehalten trotzdem zu versuchen, in die absurden Verse einen tieferen Sinn hineinzugeheimnisen, der gar nicht in ihm enthalten ist. Freude am klangvollen, aber inhaltsleeren Wortspiel und Verseschmieden, Spielerei mit Zahlen und Reimen - nur das, und keine mysteriösen, symbolträchtigen Rechenwege, keine verschlüsselten Angaben mit verborgener Botschaft, sondern einfach nur Freude an der meisterhaften Beherrschung der Sprache. Auch das ist Goethe.
An der Uni Frankfurt z.B. haben die Informatiker allerdings eine Lösung gesucht und gefunden (http://www.informatik.uni-frankfurt.de/~haase/hexenlsg.html), und bei Google gibt es zu diesen wenigen Verszeilen ganze 45 800 Einträge.
Von solch theoretischen Lösungsversuchen hat sich der Verlag Gott sei Dank nicht leiten lassen, im Gegenteil. Es war eine hervorragende Entscheidung, ein solches sinnleeres Gedicht Kindern im Kindergartenalter anzubieten, mit ihrer natürlich Freude am Wortwitz und mit ihrer Fähigkeit, Dinge zu verstehen und hinzunehmen, deren Verständnis sich der Rationalität des erwachsenen Lesers entziehen.
Ebenso herausragend ist das Gedicht in Bilder umgesetzt. Wolf Erlbruch hat sich meisterhaft und erfolgreich bemüht, die skurrile Absurdität der Verse noch zu übertreffen. Völlig ohne jede Perspektive, ohne korrekte Größenverhältnisse, ohne jede dimensionale Tiefe sind seine doppelseitigen Abbildungen. Die Figuren, wenn man sie so nennen will, scheinen ausgeschnitten aus Papieren: aus altem Zeitungspapier mit seinen bruchstückhaften Nachrichten, aus altem geographischem Landkartenmaterial, Schmuckbändern, handgeschriebenen Statistiken, Bau- und Konstruktionszeichnungen und unendlichen Zahlentabellen.
Die Perspektive ist aufgelöst, die Figuren sind zugleich von vorn und von der Seite zu sehen. Von ihrer Botschaft her sind sie mindestens ebenso schwer zu entziffern wie der Text - oder sollte man auch bei den Bildern darauf verzichten? Da sind Menschen mit Rollen statt Füßen und einem Schlüssel zum Aufziehen im Rücken und einem Henkelpott statt Kopf. Da sind Feuerflammen, die ein Boot an Land ziehen, während ein rotgesichtiges, dick vermummtes Wesen ihnen zum Abschied nachwinkt. Da sind Pudel (?), die sich wie rote Tintenflecke auf der Landkarte ausbreiten. Da ist die Hexe (aha!) mit dem überdimensionalen Auge, deren Brille zugleich ihren Körper bildet - alles Gestalten ohne dritte Tiefenschärfe, ohne dritte Dimension, ohne Hintergrund.
Ein Bilderbuch mit Bildern und Worten, wie sie vielleicht nur ein Kind bedingungslos akzeptieren und verstehen kann. Was für eine tolle Erfahrung und Bereicherung, über dieses Buch mit einem Kindergartenkind zu sprechen und zu erfahren, was sie darin sehen und davon verstehen. Ausprobieren!

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Diese Rezension wurde verfasst von avn.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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