Das Glück wartet nur bis um vier

Autor*in
O'Shaughnessy, Kate
ISBN
978-3-423-76320-2
Übersetzer*in
Lehnerer, Barbara
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
304
Verlag
dtv
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2021
Lesealter
12-13 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Freizeitlektüre
Preis
12,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die elfjährige Maybelle, genannt May, lebt mit ihrer Mutter Gemma in einer Wohnmobilsiedlung. Da Gemma zwei Jobs hat, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, ist May viel allein. Von ihrem Vater kennt sie nur die Stimme und sein ansteckendes Lachen auf einer Sprachnachricht eines alten Handys ihrer Mutter. Zufällig hören die beiden auf einer Autofahrt genau diese Stimme im Radio, und bei ihren heimlichen Nachforschungen findet May heraus, dass der Sender, bei dem ihr Vater arbeitet, einen Gesangswettbewerb veranstaltet und dass er einer der Juroren ist. Dann erhält ihre Mutter für drei Wochen ein lukratives Jobangebot, und eine Nachbarin aus der Siedlung, Mrs Boggs, erklärt sich bereit, Mays Betreuung zu übernehmen. May glaubt, dass endlich ihre Chance gekommen ist, ihren Vater kennenzulernen, und sie meldet sich beim Wettbewerb an. Doch wie soll sie allein nach Nashville Tennessee kommen? Da erweist sich wider Erwarten Mrs Boggs als die Retterin in der Not.

Beurteilungstext

Der vorliegende Jugendroman „Das Glück wartet nur bis um vier“ ist Kate O’Shaughnessys Debüt als Autorin. Der Roman umfasst knapp 300 Seiten, unterteilt in 29 Kapitel und einen Epilog „Was dann geschah“. Die Kapitel haben keine Überschriften, stattdessen ziert jedes neue Kapitel die immer gleiche Bildvignette eines großen Wohnmobils. Ein Inhaltsverzeichnis gibt es nicht.

Als Ich-Erzählerin beschreibt die Protagonistin Maybelle, genannt May, wie sie sich in den zunächst sehr langweiligen Sommerferien aufmacht, ihren unbekannten Vater aufzuspüren und kennenzulernen, nicht ahnend, in welch abenteuerliche Situationen sie dabei gerät.

May lebt noch nicht lange mit ihrer Mutter Gemma in einer Wohnmobilsiedlung. Gemma hat wenig Zeit für ihre Tochter, sie muss hart arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. So ist May viel allein. Mit einem alten Kassettenrecorder nimmt sie in ihrer Freizeit alle möglichen Klänge auf. In der Schule ist sie eine Außenseiterin und leidet zudem unter den Attacken einiger Jungen, die sie unentwegt ärgern.

Mehrere überraschend eintretende Ereignisse bringen Bewegung in die anfängliche Tristesse der Ferien. Während einer Autofahrt erkennt May im Radio in der Stimme eines Moderators die ihres Vaters. Diese Stimme und ein ansteckendes Lachen sind das Einzige, das sie von ihrem Vater durch eine alte Sprachnachricht auf dem Handy ihrer Mutter kennt. Sonst weiß sie jedoch nichts über ihn, nicht einmal, wie er heißt. Und ihre Mutter besteht darauf, dass das so bleibt. Sie will ihn nicht in ihrem Leben haben.

Aber May findet mit Hilfe eines kleinen, gebrauchten Radios tatsächlich seinen Namen heraus und bei welchem Sender er arbeitet. Heimlich hört sie regelmäßig seine Sendung, und als der Sender einen Gesangswettbewerb in Nashville Tennessee ankündigt, meldet sie sich an. Sie widersetzt sich zwar damit dem Willen ihrer Mutter, aber sie ist fest entschlossen, ihren Vater endlich kennenzulernen, denn er ist eines der Jurymitglieder. Da passt es gut in ihre Pläne, dass Gemma einen dreiwöchigen, gut bezahlten Job als Musikerin auf einem Kreuzfahrtschiff annimmt. Fast wäre alles noch an der notwendigen Betreuung für May gescheitert, doch da erklärt sich die Lehrerin Mrs Boggs, eine Nachbarin im Wohnmobilpark, großherzig dazu bereit, für May zu sorgen. Obwohl May erleichtert über diese Abmachung ist, gerät sie nun wegen ihrer Heimlichkeiten immer mehr in einen Strudel von Lügen, Halbwahrheiten und Zweifeln, die ihr stark zu schaffen machen. Und bald bleibt ihr nichts anderes übrig, als Mrs Boggs in ihre wirklichen Pläne einzuweihen. Zu ihrer Überraschung beschließt Mrs. Boggs, sie mit ihrem großen Wohnmobil nach Nashville zu bringen. Als dann noch Tommy, einer der Jungen, die sie ständig ärgern, als blinder Passagier im Wohnmobil entdeckt wird und auch mitfahren darf, ist ein ziemlich problembeladenes Trio komplett. Und damit fangen die Ereignisse an, sich zu überschlagen, und das Geschehen nimmt so richtig Fahrt auf.

Die Autorin nutzt eine geschickte Strategie, um die Leseneugier der Leser*innen auf hohem Niveau zu halten. Sie streut immer wieder Andeutungen ein, die den Leser*in zunächst im Unklaren lassen, um dann an anderen Stellen für die Auflösung zu sorgen. Z.B. sagt May, als ihre Großmutter es ablehnt, auf May aufzupassen: „Nach allem, was in Baton Rouge passiert war, überraschte mich das nicht, aber traurig machte es mich schon.“ 1) Oder in Bezug auf den Wettbewerb: „War ich denn wirklich und wahrhaftig dazu bereit, auf eine Bühne zu steigen und vor einer Menschenmenge zu singen? Das letzte Mal, als ich gesungen hatte, hatte es in einer Katastrophe geendet.“ 2) Als es um die Frage geht, was Mrs Boggs mit ihrem gewonnenen Geld machen wird, antwortet diese: „Das wirst du schon sehen. Es ist eine Überraschung.“ 3)

Aber auch die zahlreichen überraschenden und schnell aufeinander folgenden Situationen, in die die drei geraten, bringen eine gehörige Portion Dynamik in die Geschichte, die dadurch nie langweilig wird. Viel Raum nehmen Mays Gedanken ein, die sie sich wegen ihres Vorhabens macht, den Vater kennenzulernen. Immer wieder werden ihre seelischen Schwankungen zwischen Verzweiflung und Euphorie beschrieben. Jedoch können sich Jugendliche mit den thematisierten Problemen von May und Tommy auf jeden Fall gut identifizieren, denn vielen von ihnen sind Gefühle wie Einsamkeit, Ausgrenzung , ungerechte Behandlung und Traurigkeit bekannt. Als Mrs Boggs, Tommy und May allerdings schließlich ans Ziel ihrer Reise kommen und May doch noch am Gesangswettbewerb teilnehmen darf, gerät ihr Auftritt eher zu einer komischen Nummer, die ziemlich stark überzeichnet wirkt.

Die Autorin hat die große Gabe, mit viel psychologischem Einfühlungsvermögen und sehr detailliert die Charaktere der drei zunächst so unterschiedlich erscheinenden Hauptfiguren zu entwickeln. So wird aus einer Zweckgemeinschaft, die sich aus ganz unterschiedlichen Motiven ergeben hat, ein stabiles Team mit großem gegenseitigen Vertrauen, Verständnis und der Bereitschaft, dem anderen in heiklen Situationen beizustehen.

Besonders gelungen ist der Autorin die Szene, in der May ihrem Vater gegenübersteht und ihn mit ihrer Existenz konfrontiert. Die erzeugte Spannung bleibt während dieser Begegnung bis zum Schluss erhalten und lässt den Leser*in über die gesamte Dauer mitfiebern. Diese Szene zählt sicherlich zu den sehr emotionalen Höhepunkten in diesem Roman.

1) O’Shaughnessy, Kate: Das Glück wartet nur bis um vier, S. 33
2) O’Shaughnessy, Kate: Ebenda, S. 69
3) O’Shaughnessy, Kate: Ebenda, S. S. 132

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von MlMs; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 15.02.2023

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