Das Buch

Autor*in
ISBN
978-3-570-30642-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
860
Verlag
Gattung
Fantastik
Ort
München
Jahr
2010
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
9,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Leonie besitzt eine besondere Gabe. Sie gehört zu den Hüterinnen des Zentralarchivs, jenes unheimlichen Ortes, von dem nur wenige wissen. Dort wird das Schicksal jedes Einzelnen aufgezeichnet und für die Ewigkeit bewahrt. Zumindest bis ein Buch daraus entwendet wird und sich Vergangenheit und Gegenwart ändern. Die Realität verschwimmt. Nun liegt es an Leonie, die Ordnung wiederherzustellen und die Welt davor zu bewahren, unter der Herrschaft des Archivars im Chaos zu versinken.

Beurteilungstext

Die 15-jährige Leonieda, die sich lieber Leonie nennt, hatte mit Büchern nie viel zu tun, obwohl ihre Eltern Anna und Klaus Kammer eine kleine Buchhandlung am Stadtrand betreiben. Noch bevor ihre Großmutter bei einem Unfall ums Leben kommt, gerät ihre Wirklichkeit ins Wanken. Zunächst ändern sich Kleinigkeiten, aber bald verschwindet die Realität ganz. Es gibt Bilder von Reisen, die Leonie nie gemacht hat, und an die sie sich dennoch erinnert. Zunächst zweifelt sie an sich selbst. Aber die Hinweise häufen sich schnell. Es existiert eine Möglichkeit, die Realität zu ändern. Ungewöhnliche Vorkommnisse und Ungereimtheiten bestimmen fortan Leonies Leben. Wie schon der Titel vermuten lässt, geht es die ganze Zeit um ein Buch.
Die zentrale Rolle im Roman spielt das Zentralarchiv, das sich unterirdisch befindet und zu dem es mehrere Eingänge gibt. Es ist ein einziges großes Labyrinth mit vielen Gängen, Schächten, Ebenen, Treppen und Türen. Hier werden die Leben aller Menschen in Büchern verzeichnet und für die Ewigkeit verwahrt. Dort leben bizarre Geschöpfe wie Schusterjungen, Scriptoren, unbezwingbar starke Aufseher und Redigatoren, die keine Fehler verzeihen. Ein Leben ist in dieser Welt nichts wert, denn alles endet im Leimtopf. Fehler werden nicht verziehen, Gnade existiert nicht. Dies ist das Reich des Archivars, eines unheimlichen Wesens, dessen Macht an den Mauern des Archivs endet. Aber mit jeder Veränderung der Realität wird seine Macht stärker und er kann bald schon Einfluss nehmen.
Für Leonie wird es immer mühsamer, die Gegenwart zu durchschauen. Schuld daran ist ihr Vater, der in einem gestohlenen Buch immer wieder Änderungen vornimmt, um die Dinge für sich und seine Familie zu verbessern. Wie zu erwarten, erliegt er bald der Möglichkeit, die eine solche Macht mit sich bringt. So kommt es zum Kampf zwischen den Realitäten des Vaters und dem Archivar, die beide das Buch besitzen wollen. Leonie gerät genau dazwischen. Denn sie ist eine Hüterin des Archivs, sie besitzt die Gabe, die es ihr ermöglicht, das Archiv zu betreten und Veränderungen vorzunehmen. Einzig die Gabe ermöglicht es ihr auch, erfolgte Veränderungen zu bemerken. Diese Fähigkeit besitzt auch Theresa, eine junge Frau, die Leonies Oma ähnelt, also zur Familie gehören muss. Sie ist die einzige, die anscheinend die Wahrheit sagt und Leonie über ihre Herkunft und Bestimmung aufklärt. Aber welche Ziele verfolgt Theresa? Ist sie wirklich eine Freundin und kann Leonie ihr trauen?
Eine weitere Rolle spielt eine kleine Maus, die sehr menschlich agiert und Leonie hilft. Obwohl sich Leonie sträubt, akzeptiert sie doch bald ihren kleinen Freund, den sie Conan nennt und der ebenso seine Beständigkeit behält wie die kleine silberne Nadel mit den verchromten Kugeln an jeder Seite, ein Piercing, das Leonie nicht mehr einordnen kann. Der kleine Stift ist eine Erinnerung an ihr ursprüngliches Leben. Warum dieser aber nicht wie alles andere auch verschwindet, ausgetauscht oder verändert wird, wird nicht geklärt.
Warum und wie Leonies Vater an das Buch gelangt und so eine Hetzjagd auslöst, kann man nur erfahren, wenn man "das Buch" liest und dabei wirklich aufmerksam bleibt.
In diesem Roman gibt es viele Realitäten, wobei es manchmal schon verwirrend ist, wie häufig diese sich abwechseln. Dabei löscht die aktuelle Realität immer die vorherige Wirklichkeit aus. Nur Leonie gelingt es dank ihrer Gabe, klar zu sehen. Das Bild, das hier gezeichnet wird, ist phantastisch und bizarr zugleich. Den Autoren ist es gelungen eine Welt zu zeichnen, in der nichts ist, wie es scheint, und in der eine Sache fehlt, nämlich Stetigkeit. Sowohl Leonie als auch der Leser müssen sich zurechtfinden in einer Welt, die ständig umgeschrieben wird.
Mitunter fand ich die ständigen Sprünge etwas nervig, da es immer wieder auf dasselbe hinaus läuft. Leonie muss sich erinnern und wenn sie es tut, versucht sie, ihren Vater aufzuhalten, weitere Änderungen vorzunehmen, der dann wiederum die Wirklichkeit umschreibt, um dem entgegen zu wirken. Die Idee der Geschichte ist jedoch genial, denn Leonie vergisst und muss immer wieder von vorne anfangen. Sie hat am Ende viele Leben gelebt, wovon sie durchaus auch profitiert, wie von den Kampfsportkünsten, die sie in einer Wirklichkeit gelernt hat und die sie dennoch später beherrscht.
Der Roman ist in 39 Abschnitte gegliedert. Dabei umfasst die Geschichte immerhin 860 Seiten, wobei es doch nie langweilig wird. Wie so häufig gelingt es dem Paar Heike und Wolfgang Hohlbein, die Spannung zu halten. Da verzeiht man auch kleine Ungereimtheiten oder offen gebliebene fragen gern. Wer wirklich Leonie hilft und wer nur mit ihr spielt, wird erst am Schluss klar, die Überraschungen aber häufen sich. Denn auch der Ort, an dem das Schicksal aufgezeichnet wird, bleibt von den Veränderungen nicht verschont.

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Diese Rezension wurde verfasst von DaGO.
Veröffentlicht am 01.01.2010