Coole Abenteuergeschichten zum Lesenlernen

Autor*in
Hänel, WolframGerold, UlrikeLudwig, SabineHoltei, Christa
ISBN
978-3-551-32043-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Hartmann, JörgCordes, MiriamVohwinkel, Astrid
Seitenanzahl
80
Verlag
Carlsen
Gattung
Erstlesebuch
Ort
Hamburg
Jahr
2022
Lesealter
6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
4,99 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

In diesem Taschenbuch werden drei Geschichten zusammengefasst, die typische kindliche Themen aufgreifen, aber alle schon vorher veröffentlicht wurden.

Beurteilungstext

Das Buch nennt in seinem Titel vier Ansprüche: Es soll cool sein, es geht um Abenteuer, und zwar in Geschichtenform und außerdem soll das Lesenlernen unterstützt werden. An diesen Ansprüchen möchte ich das Buch messen.
Der erste Text „Ein Fall für die Feuerwehr“ von Wolfram Hänel und Ulrike Gerold, illustriert von Jörg Hartmann ist ein Bericht über einen Brand aus Sicht des Kindes Alex: Er beginnt mit dem Brandausbruch, es folgt die Meldung und am Rand des Feuers steht Alex zufällig neben einem pensionierten Feuerwehrmann, der ihr alles erklärt. In einfachem Satzbau wird das Geschehen geschildert, Höhepunkt ist die – wenig dramatische – Rettung einer Frau aus dem zweiten Stock. Gespickt ist der Text mit Fachwissen; angefangen mit der Meldung am Telefon mit wichtigen Fakten über die Ankunft der Feuerwehrfahrzeuge mit Nennung der jeweiligen Fachbegriffe (Einsatzleitwagen, Löschgruppenfahrzeug etc.) bis hin zu Faktenwissen über Drehleiter, Schutzkleidung und Aufgaben der Feuerwehr. Die Schwarz-Weiß-Illustrationen von Jörg Hartmann begleiten den Text und veranschaulichen damit das zu Lesende. Eingestreut sind Rätselseiten und eine Infoseite zum Fachwortschatz. Dieser Text möchte vor allem Fach- und Begriffswissen über die Feuerwehr vermitteln; die Narration ist nur Mittel zum Zweck. Damit fehlt auch das Abenteuerliche, denn Alex ist die ganze Zeit über sehr ruhig und steht eigentlich nur am Rand. Cool mag der Text für Feuerwehrfreaks unter den Kindern sein, bei anderen Kindern wird der Text mit der Überfrachtung an Fachwissen eher Langeweile auslösen, zumal das Fachvokabular erhebliche Lesehürden mit sich bringt. Begriffe wie „Stulpenhandschuh“ oder Kompositamonster wie „Feuerwehrleitstelle“ lassen Lesenlernende stolpern – und lohnt es sich wirklich, hier die Fachbegriffe zu erlesen?
Auch die zweite Geschichte „Ida sucht einen Schatz“ von Sabine Ludwig mit Illustrationen von Miriam Cordes greift ein eher typisches Thema kindlicher Lebens- und Sehnsuchtswelten auf. Ida löst ihre Sehnsucht, indem sie in der Badewanne Tauchen übt und dort ihrer Fantasie nachgeben kann, aber eben auch eine ordentliche Überschwemmung verursacht. In dieser Geschichte sind es die Illustrationen, die die Sehnsucht veranschaulichen. Gewissermaßen kann diese Narration als (inneres) Badezimmerabenteuer bestehen, auch wenn sich die Spannungskurve eher niedrig hält. Besonders „cool“ ist die Geschichte nicht, die relativ einfache Sprache kommt Lesenlernenden aber gut entgegen.
Die dritte Geschichte es Buches, „Tom auf Piratenfahrt“ von Christa Holtei, mit Bildern von Astrid Vohwinkel, erzählt auch wieder aus einer eher beobachtenden Position des siebenjährigen Tom heraus, der als Schiffsjunge auf ein Piratenschiff geraten ist. Was sehr abenteuerlich klingt, ist in der Durchführung ausgesprochen harmlos, denn geschildert wird ein stereotypischer Alltag des Piratenlebens inklusive eines Überfalls von einem Handelsschiff. Coolness und Abenteuer werden an der eigentlich „spannendsten“ Stelle, dem Kampf, zurückgefahren, denn Tom wird nach Kampfbeginn unter Deck geschickt. Größter Spannungsmoment ist dann eine auf ihn zurollende qualmende Kugel, die sich als Stinkbombe herausstellt. Die historisierenden Zeichnungen unterstützen eine Sehnsucht nach fernem Piratenleben. So romantisieren Text und Bild das Sujet „Piratenleben“ und mögen damit manchem kindlichen Traum bedienen und auch das Nachspielen in Kinderzimmer oder Garten anregen; wirklich abenteuerlich ist auch diese Geschichte nicht und der moralische Dreh am Ende, dass Tom eigentlich lieber auf ein Handelsschiff will, überzeugt nicht.
Carlsen hat als Verlag hier drei Geschichten zusammengestellt, die alle keine Erstveröffentlichungen sind. Das Taschenbuchformat und die Wiederverwendung von Texten ermöglichen einen sehr günstigen Preis. Die Themen setzen bei typischen Kindheitssehnsüchten an und sie mögen damit in der Intention auf Kinder zielen, die wenig Leseerfahrungen in ihren Familien machen können. Der Ansatz ist begrüßenswert, doch werden die ausgewählten Geschichten kaum Begeisterung bei Kindern auslösen können. Schade.

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Diese Rezension wurde verfasst von Christoph Jantzen; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 14.10.2023